Globale und heimische Klimaziele

Da es in den letzten Jahren so viele, sich teilweise auch verändernde Klimaziele gegeben hat, möchten wir hier einen kurzen Überblick über die Geschichte der internationalen Klimaabkommen geben. Natürlich mit einem Fokus auf die EU und die Klimaschutz-Ziele Österreichs.

Kyoto-Vereinbarung I
Kyoto-Vereinbarung II
„Klima- und Energiepaket 2020“ der EU
„EU-Klima- und Energiepolitik“ bis 2030
Das internationale Klimaabkommen von Paris
Klimaneutralität Österreichs bis 2040
Maßnahmen zur Erreichung der Klimaneutralität

Kyoto-Vereinbarung I

Das Kyoto-Protokoll war der erste international abgestimmte Vertrag zur Senkung der Treibhausgas-Emissionen. Er wurde im Rahmen der UNO beschlossen und sah vor, dass die dem Protokoll beigetretenen Industrieländer ihre jährlichen Emissionen deckeln müssen. Schwellen- und Entwicklungsländer waren damals nicht Vertragspartner. Auch Österreich ist damals dem Kyoto-Protokoll beigetreten und sagte im Zuge der Klimaschutz-Verhandlungen zu, seine Treibhausgas-Emissionen (gerechnet in CO2-Äquivalenten) in der sogenannten ersten Verpflichtungsperiode (2008 bis 2012) gegenüber 1990 um 13 % zu senken. Mit dem Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls Mitte Februar 2005 wurde diese Zusage auch völkerrechtlich verbindlich.

Die USA lehnten 2001 die Ratifizierung des Abkommen ab und Kanada schied 2011 aus dem Abkommen aus, was einem herben Rückschlag gleichkam. Doch die Emissionen der verbleibenden Industrieländer sanken bis 2012 um 20 % statt um 5 % im Vergleich zu 1990. Die EU hatte den CO2-Ausstoß statt der zugesagten 8 % um 19 % reduziert, Deutschland sogar um 23 %. Österreich erreichte seinen Zielwert nicht. Die Emissionen stiegen in der Periode von 2008 bis 2012 sogar deutlich. Um die Kyoto-Verpflichtung trotzdem zu erfüllen, mussten deshalb knapp 70 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Äquivalente (mit einem Wert von hunderten Millionen Euro) in Form von Zertifikaten eingesetzt, bzw. zugekauft werden. Das heißt, dass Österreich im Ausgleich für die Zielverfehlung im eigenen Land eine CO2-Reduktion in anderen Ländern mittels der Zertifikate finanzierte. Es hielt somit seine Verpflichtung rein rechtlich ein, verfehlte aber das eigentliche Ziel, die eigene Wirtschaft durch eine Senkung der eigenen Emissionen in Richtung Klimaneutralität zu transformieren.

Kyoto-Vereinbarung II

Nach fünf Jahren Verhandlung einigten sich die Vertragsstaaten auf der UN-Klimakonferenz in Doha 2012 auf eine zweite Verpflichtungsperiode („Kyoto II“) von 2013 bis 2020. Es wurde aber weiter über Umfang und Verteilung der künftigen Treibhausgas-Reduktionen gestritten, sodass Kyoto 2 nicht von genügend Staaten ratifiziert wurde, um rechtzeitig in Kraft zu treten. Für die EU galt das Ziel, bis 2020 die THG-Emissionen um 20 % zu senken, welches diese ja mit 19 % CO2-Reduktion unter Kyoto I schon vorher beinahe erreicht hatte.

„Klima- und Energiepaket 2020“ der EU

Die EU setzte sich mit dem Klima- und Energiepaket 2020 jedenfalls auch selbst weitere Klima-Ziele, nämlich

  • eine Senkung der Treibhausgasemissionen um 20 % (gegenüber dem Stand von 1990),
  • eine Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energie um 20 % (ausgehend von 9,8 % im Jahr 2010)
  • sowie eine Verbesserung der Energieeffizienz um 20 %.

Der überwiegende Anteil der THG-Reduktion sollte dabei im Emissionshandelssektor erreicht werden. Dieser umfasst besonders treibhausgas-relevante Bereiche wie die Stromerzeugung oder die Zementindustrie aller EU-Länder. Aufgrund eines Überschusses an CO2-Zertifikaten sind deren Preise jedoch seit Langem viel zu niedrig, um der Industrie tatsächlich Anreize für relevante CO2-Einsparungen zu geben. Die bisherigen Ergebnisse blieben deshalb deutlich hinter den Erwartungen zurück. Für die restlichen Sektoren (wie Verkehr, Raumwärme, Abfall etc.) wurden für jeden EU-Staat individuelle Zielvorgaben verbindlich vereinbart.

Österreich musste die THG-Emissionen (ohne Emissionshandel) gegenüber 2005 um 16 % reduzieren und dabei von 2013 bis 2020 einen geradlinigen Zielpfad einhalten. Gemäß Beschluss (EU) 2017/1471 der Europäischen Kommission vom 10. August 2017 ist für 2020 eine Emissionshöchstmenge von 47,8 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent einzuhalten. Österreich liegt laut einer Grafik des Umweltbundesamtes in etwa auf Zielpfad, obwohl die Gesamtemissionen (inklusive der dem Emissionshandel/EH unterstehenden Bereiche) im Jahr 2018 immer noch 79,0 Mio. Tonnen Kohlendioxid-Äquivalent betrugen und somit gegenüber 1990 bisher nicht gesunken sind.

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Abbildung 1: Österreich konnte seine gesamten THG-Emissionen zwischen 1990 und 2018 nicht senken. Quelle: https://www.umweltbundesamt.at/klima/treibhausgase

„EU-Klima- und Energiepolitik“ bis 2030

Bis 2030 gibt die „EU-Klima- und Energiepolitik“ eine EU-weite Emissionsreduktion von mindestens 40 % gegenüber 2005 vor. Im Emissionshandel sind die Treibhausgas-Emissionen bis 2030 auf EU-Ebene um 43 % gegenüber 2005 zu reduzieren. Österreich muss im Rahmen des vorgesehenen Aufteilungsschlüssels zwischen den EU-Staaten die THG-Emissionen (ohne Emissionshandel) um 36 % reduzieren.

Im Rahmen des europäischen Grünen Deals (Green New Deal), der von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen angestrebt wird, schlug die Kommission im September 2020 vor mindestens 55 % Treibhausgasemissionen gegenüber dem Stand von 1990 bis zum Jahr 2030 einzusparen.

Das Europaparlament sprach sich kurz darauf für noch strengere Ziele, nämlich 60 % THG-Einsparung gegenüber 1990, aus. Wenn eines der neuen Ziele (55 % oder 60 %) von den Mitgliedsstaaten beschlossen wird, würde das wohl auch für Österreich bedeuten, dass es sich für ein ambitionierteres Ziel (als eine THG-Reduktion um 36 % gegenüber 2005) verpflichtet. Bis 2050 möchte die EU jedenfalls klimaneutral wirtschaften.

Von 1990 bis 2018 haben die EU Saaten gemeinsam ihre Emissionen (als CO2-Äquivalente ohne LULUCF) übrigens um 22,5 % gesenkt.

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Abbildung 2: Von 1990 bis 2018 haben die EU-27 ihre Emissionen (als CO2-Äquivalente ohne LULUCF) um 22,5% gesenkt. Quelle: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/384/bilder/dateien/6_tab_thg-emi-eu-28-substanzen_2020-08-25.pdf

Leider muss man sich bei dieser Einsparung von 22,5 % bewusst sein, dass ein nicht unerheblicher Teil davon durch die Auslagerung von ehemals europäischen Produktionsstätten ins EU-Ausland erreicht wurde. So importieren wir heute viele, ehemals europäische Güter und Waren aus China und anderen asiatischen Ländern. Die bei der Produktion entstehenden Emissionen werden dann diesen Nicht-EU-Ländern angerechnet, obwohl wir diese Güter anschließend in die EU importieren und hier verbrauchen.

Insgesamt sind also noch gewaltige Anstrengungen von Nöten, um tatsächlich in absehbarer Zeit Klimaneutralität zu erreichen. Warum diese Anstrengungen unbedingt nötig sind, erklären wir hier genauer: https://wua-wien.at/klimaschutz-klimawandelanpassung-und-resilienz

Das internationale Klimaabkommen von Paris

Auf globaler Ebene vereinbarten 196 Staaten am 12. Dezember 2015 das Übereinkommen von Paris. Dieses nunmehr wichtigste politische Instrument zum Einbremsen der Klimakrise wurde nach vielen Jahren erfolgloser Verhandlungen und UN-Klimakonferenzen als großer Durchbruch gefeiert. Die Vertragsparteien verpflichten sich dazu, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur deutlich unter 2 Grad zu halten. Die vorindustrielle Durchschnittstemperatur der Erde von plus 15 Grad sollte also möglichst bei 16,5 Grad oder knapp darüber bleibend eingebremst werden.Die EU hat das Übereinkommen am 5. Oktober 2016 formell ratifiziert. Am 4. November 2016 trat das Abkommen in Kraft, nachdem mindestens 55 Länder, die für mindestens 55 % der weltweiten Emissionen verantwortlich sind, es ratifiziert hatten. Am 13. Mai 2018 hatten bereits 176 Staaten das Abkommen ratifiziert, anders als bei Kyoto auch diverse Schwellen- und Entwicklungsländer. Ab 2020 müssen alle teilnehmenden Vertragsparteien ihre Klimaschutzziele vorlegen und über ihre jeweiligen Fortschritte regelmäßig berichten.
Leider sind bisher keine Sanktionsmechanismen vorgesehen.

Dennoch gibt es bereits jetzt weltweit zahlreiche Klimaklagen von verschiedenen Einzelpersonen und Organisationen gegen Staaten, weil sie die von ihnen verlautbarten Klimaschutzziele nicht einhalten und somit die Lebensgrundlagen von Menschen, bzw. der Menschheit gefährden.

Im November 2018 publizierte die EU Kommission eine Mitteilung, nach der die EU bis zum Jahr 2050 klimaneutral sein will.

Klimaneutralität Österreichs bis 2040

Auch Österreich hat das Pariser Abkommen als Teil der europäischen Union ratifiziert.

In Anbetracht der sich immer rascher beschleunigenden Klimakrise hat sich zudem 2018 eine junge, global gut vernetzte Klimabewegung in der Zivilgesellschaft formiert.

Die Schwedin Greta Thunberg hat mit nur 15 Jahren die Gründung der Bewegung Fridays for Future initiiert. Seither bestreiken Schüler/innen auf der ganzen Welt freitags die Schule, mit der Forderung an die Vertragspartner, das bereits unterzeichnete Pariser Abkommen einzuhalten. Denn die bisherigen Klimaschutzbemühungen sind im weltweiten Durchschnitt bisher äußerst spärlich und die globalen Treibhausgas-Emissionen steigen immer noch deutlich, anstatt endlich zu sinken. Millionen Menschen gehen seither bei weltweiten Klimastreiks gemeinsam auf die Straße. Allein in Wien waren es bereits bis zu 40.000 Menschen pro Veranstaltung. Diese Entwicklungen haben auch in Österreich dazu geführt, dass Klimaschutz in der öffentlichen Diskussion stark an Bedeutung gewonnen hat.

Das aktuelle Programm der Bundesregierung von 2020 – 2024 (ÖVP und Grüne) legt fest, dass Österreich bereits bis 2040 klimaneutral werden soll, obwohl die EU gesamt das aktuell erst bis 2050 anstrebt. Das Koalitionsabkommen in Wien (SPÖ und Neos) hat 2020 die Klimaneutralität für Wien bis 2040 als Ziel festgeschrieben.

Wenn die Politik das in der Praxis auch ambitioniert umsetzt, ist das eine gewaltige Trendwende. Denn Österreich emittiert auf der eigenen Fläche jährlich fast 80 Millionen Tonnen CO2 Äquivalente. Es ist mit den bisherigen Klimaschutzmaßnahmen nicht gelungen, gegenüber dem Referenzjahr 1990 CO2 Äquivalente einzusparen. Die bisherigen Maßnahmen bis zum Jahr 2018 haben lediglich bewirkt, dass die Emissionen trotz einer deutlichen Zunahme der österreichischen Bevölkerung, sowie der Lebensqualität – wie z. B. mehr Wohnraum pro Bürger/innen, höherer Stromverbrauch durch die Digitalisierung – gegenüber 1990 zumindest nicht gestiegen sind. In Wien sind die pro Kopf CO2 Äquivalent Emissionen um 40 % gegenüber 1990 gesunken, aufgrund der gestiegenen Bevölkerung ist die Gesamtemission etwa gleichgeblieben.

Maßnahmen zur Erreichung der Klimaneutralität

Forscher am Grazer Wegener Center gehen davon aus, dass die österreichischen THG-Emissionen für die Zielerreichung einer „Klimaneutralität bis 2040“ jährlich um 4 Millionen Tonnen sinken müssten. Das wäre ein jährlicher Rückgang, der in etwa einem Viertel der Emissionen aus dem PKW-Verkehr entspricht. Das ist eine große Herausforderung. Laut dem Wegener Center benötigte es für solch große Einsparungen jährliche Investitionen in den Klimaschutz von geschätzten 4 Milliarden Euro. Zusätzlich zu den bereits bestehenden Klimaschutz-Investitionen soll seitens des Bundes in den Jahren 2021 und 2022 jeweils eine weitere Milliarde in den Klimaschutz zu investiert werden.

Im Rahmen des Green New Deals der EU könnten – sofern er von den EU-Staaten so abgesegnet wird – auch von der EU-Kommission weitere Milliarden Euro an Förderungen hinzu kommen. Denn darin wäre für Klimaschutzmaßnahmen eine jährliche Ausschüttung von 100 Milliarden Euro vorgesehen, von denen auch Österreich profitieren würde.

Die nächsten Jahre werden zeigen, ob es Österreich und auch Wien unter diesen neuen Rahmenbedingungen endlich gelingen wird, die jährlichen THG-Emissionen auch absolut kontinuierlich zu senken.

Für unsere eigene und für die Zukunft unserer Kinder hoffen wir sehr, dass es gelingen wird. Als Wiener Umweltanwaltschaft versuchen wir, so gut wir können daran mitzuarbeiten und die notwendige Transformation in positivem Sinn in Richtung Klimaneutralität, Klimagerechtigkeit und umfassender Lebensqualität zu gestalten.

Aktivitäten der WUA zur Bekämpfung der Klimakrise
Auch jeder einzelne von uns kann daran mitwirken

 

Klimaneutralität Österreichs bis 2040

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