In den vergangenen Tagen konnte mehreren Medienberichten entnommen werden, dass eine immanente Gefahr von Sabotageakten am Gelände des größten AKWs in Europa besteht. Ukraine und Russland beschuldigen sich gegenseitig, dass eine direkte Attacke auf die Reaktoren geplant sei. Dies ist eine sehr drastische Situation, da das AKW aktuell nur über die letzte verbliebene Notstromleitung mit Strom versorgt werden kann, da die Hauptleitung ausgefallen ist. Falls diese Leitung ebenfalls beschädigt wird, könnte das Kraftwerk nur über Dieselgeneratoren Strom beziehen. Der durchgehende Einsatz von Dieselgeneratoren ist allerdings nur für maximal 10 Tage vorgesehen und das ist die letzte Sicherheitsmaßnahme, um das Notkühlsystem aufrecht zu erhalten.
Darüber hinaus befindet sich das Kraftwerk aufgrund der Beschädigung des Kachowka-Staudamms im Juni in einer schwierigen Lage. Bis jetzt wurde aus dem Stausee ein Becken gespeist, dessen Inventar für die Kühlung des Reaktors herangezogen wurde. Aufgrund der geänderten Rahmenbedingungen ist davon auszugehen, dass der Wasserstand in dem Becken unter den Schwellenwert sinken wird, der notwendig ist, damit Wasser aus dem Becken entnommen werden kann. Laut der ukrainischen Seite kann dieses Problem behoben werden, indem die betroffene Rohrleitung weiter nach unten verlegt wird. Allerdings muss bedacht werden, dass derartige Korrekturmaßnahmen in einem Kriegsgebiet nicht ohne Weiteres durchführbar sind. IAE- Direktor Grossi ist aktuell mit einem Team vor Ort, um sich ein eigenes Bild von der Situation zu machen und die Arbeiten zu überprüfen.
Der Betrieb von AKW in Kriegsgebieten stellt eine enorme Gefahr dar, da die Integrität der Sicherheitssysteme durch Kampfhandlungen grundsätzlich in Frage gestellt ist. In der Ukraine werden an drei weiteren Standorten Kernreaktoren eingesetzt. Die WUA fordert, dass die Kampfhandlungen im Umfeld von AKW unverzüglich gestoppt werden müssen, um einen Unfall mit erheblicher Strahlenbelastung zu verhindern.