Die komplexe Lebensweise der Fledermäuse
Die geschickten, flatternden, kleinen Säugetiere mit extrem guten Gehör sind ausgesprochen wichtige Insektenfresser und halten uns unter anderem Stechmücken vom Leib. Sie betreiben biologische Schädlingsbekämpfung im Wert von mehreren Milliarden US-Dollar (weltweit und pro Jahr) für die Landwirtschaft.Wien gilt mit 22 Arten (von 28 Arten in Österreich) als besonders fledermausreich. Alle Arten sind in Wien streng geschützt.

Fledermäuse gelten durch ihre komplexe Lebensweise mit Nutzung verschiedener Teillebensräume und wechselnder Schlafquartiere innerhalb des Jahresverlaufs als stark gefährdet. Sie wechseln während der warmen Jahreszeit regelmäßig ihre Quartiere aufgrund von Räuber- und Parasitendruck und sind auf verschiedene, verfügbare Quartiere in der Umgebung angewiesen. Ab März beginnt ihre Aktivität. Während die Männchen vorerst meist Einzelquartiere besiedeln, versammeln sich die werdenden Fledermausmütter von April - Mai in den Wochenstuben (= Quartiere zur Jungenaufzucht), eng zusammengekuschelt, um einander zu wärmen. Von etwa Juni bis Juli werden dort die Jungtiere geboren und aufgezogen, bis sie selbständig fliegen können. Nach Auflösung der Wochenstuben locken balzende Männchen im Herbst ihre künftigen Partnerinnen in Balz- und Paarungsquartiere. Daneben gibt es noch Zwischen- und Schwärmquartiere.

Es gibt Baum- und Gebäudebewohner

fledermaus3 heger kleinDie Quartiervorlieben der einzelnen Fledermausarten unterscheiden sich. Während knapp ein Drittel der heimischen Arten es sich in Dachböden häuslich einrichtet und diese immer wieder aufsucht, fühlen sich andere in kleinsten Spalten wohl (sei es an Gebäuden z. B. in Dehnungsfugen zwischen Gebäuden, zwischen Hauswand und Fassadenverkleidungen, Fensterlaibungen etc. oder in Bäumen). Zudem gibt es noch in Baumhöhlen lebende und teils dort auch überwinternde Arten (z. B. der große Abendsegler) oder solche, die sich bereits unter abstehender Rinde wie zuhause fühlen. Altbäume, welche Strukturen wie Baumhöhlen, Rindenschäden (Risse), Spechtlöcher, abstehende Borke, Fäulnishöhlen etc. aufweisen, sind besonders begehrte Fledermaus-Villen.

Als Hauptgefährdungsursache im urbanen Gebiet gilt der Verlust von Quartieren (Ausfall eines Teillebensraumes/Fortpflanzungs- und Ruhestätte), sei es durch Baumfällungen oder Gebäudesanierungen (z. B. Dachstuhlausbau, Fassadensanierung, Renovierung etc.) und Verschluss der Ein- und Ausflugsöffnung. Wird dabei nicht im Vorfeld auf Fledermausvorkommen kontrolliert, sind Zwischenfälle mit oft meist tödlichem Ausgang für die kleinen Nachttiere vorprogrammiert.

Citizen Science Projekt - Bats in the City

fledermaus1 lerch kleinFledermäuse orientieren sich im Flug mit für Menschen nicht wahrnehmbaren Ultraschallrufen, die sie permanent ausstoßen. Mit speziellen Ultraschall-Detektoren (Bat-Detektoren) können wir ihre Rufe aber hörbar machen und dadurch die vermeintlich leisen Nachtjäger aufspüren. Mit einem Bat Detektor in der Hand bis zu zwei Stunden nach Sonnenuntergang oder kurz vor Sonnenaufgang den Fledermausrufen zu folgen, diese dabei aufzuzeichnen und ein besetztes Quartier zu entdecken, ist definitiv eine einzigartige Erfahrung. Dieses Erlebnis, in die akustische Welt der Fledermäuse einzutauchen, ist nun im Rahmen des Citizen Science Projekts “Bats in the City” in Wien für Laien ohne Vorkenntnisse möglich.

Wie wir, meiden Fledermäuse regnerische, kalte und stürmische Nächte und fliegen bevorzugt bei milden Temperaturen - eine gute Nachricht für Citizen Scientists. Vor allem kurz vor Sonnenaufgang umschwärmen die kleinen Flatterer häufig in großer Zahl den Eingang zu ihrem Quartier, ehe sie schlafen gehen - ein sehr auffälliges und schön anzusehendes Phänomen. Nebenbei lassen sich viele weitere, nächtlich aktive Stadtbewohner wie Igel, Dachs und Fuchs entdecken.

bat detektor kleinBürger*innen haben die Möglichkeit, aktiv zum Schutz dieser gefährdeten Flugkünstler beizutragen. Monitoring, umfangreiche Datensammlung und eine möglichst flächendeckende Kartierung von Quartieren sind eine wichtige Voraussetzung, um zu verhindern, dass Quartiere z. B. durch Gebäudesanierung oder Baumschnitt ersatzlos verloren gehen. Bisher sind in Wien noch wenige Fledermausquartiere bekannt - das soll sich nun ändern.

Die Stadt Wien - Umweltschutz beauftragt die Koordinationsstelle für Fledermausschutz und Forschung in Österreich (KFFÖ) zur Betreuung dieses Projekts und verleiht Bat-Detektoren für eine gewisse Zeit an interessierte Bürger*innen. Es sollen sowohl bereits bekannte Quartiere kontrolliert (sei es an Gebäuden oder an Bäumen durch Ausflugsbeobachtung oder Sichtung morgendlichen Schwärmverhaltens) als auch völlig neue Fledermausstuben ausfindig gemacht werden. Die eigentlichen Freilandarbeiten werden ab Ende April starten. Über das Jahr verteilt gibt es Online-Einschulungen (z. B. Termine ab April zur Anwendung der Bat-Detektoren, Rufanalyse etc.), Termine zur praktischen Umsetzung und gemeinsame Exkursionen (z. B. zur Beobachtung des morgendlichen Schwärmens und Ausflugsbeobachtungen ab Mai, Suche nach Balzquartieren von Abendseglern (August - September), Rauhaut- und Zweifarbfledermaus (Oktober - November). Bei Interesse an einer Teilnahme am Projekt schreiben Sie bitte eine Mail an info(at)fledermausschutz. Ein Einstieg ins Projekt ist jederzeit möglich. Methoden-Anleitungen werden zum Download auf der Website der KFFÖ sein. Regelmäßig per Mail eintreffende Informationen und Anleitungen machen aus neugierigen Laien Fledermausforscher*innen.

© Fotos: Bild 1: Benedikt Heger, Bild 2: Raffaela Lerch, Bild 3: Ramona Cech

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