Neben Holz und Stein ist Lehm eines der ältesten Baumaterialien und wurde bereits vor über 9.000 Jahren verwendet. Bei nachhaltigen Baumaterialien denken die meisten zuerst an Holz. Lehm als Baustoff hat viele Vorteile, wenn er richtig eingesetzt wird, und ist ressourcenschonend.
Zusammensetzung und Anwendungsmöglichkeiten
Lehm ist ein mineralischer Stoff und besteht aus Sand, Schluff und Ton. Wird er gebannt entsteht Ziegel. Aber auch ungebrannt kann Lehm vielfältig eingesetzt werden. Je nach Mischverhältnis und Korngröße kann man den Baustoff unterschiedlich verwenden.
Zur Lehmziegelherstellung (ungebrannt) verwendet man Lehm mit einem hohen Tongehalt, den man auch fetten Lehm nennt. Für Putze verwendet man tendenziell mageren Lehm, dieser kann je nach Korngröße als Grob- oder Feinputz verwendet werden. Sehr grobe Lehme mit höherem Steinanteil werden meist als Stampflehm eingesetzt. Durch unterschiedliche Zusätze wie z.B. Stroh, Pigmente oder Hanf kann man die Eigenschaften des Lehms verändern.
Bautradition
Grundsätzlich ist Lehm in fast allen Regionen der Erde zu finden und es haben sich weltweit unterschiedlichste Bautechniken entwickelt. Auch heute leben etwa ein Drittel der Weltbevölkerung in Lehmhäusern. In Deutschland wurde Lehm zum Beispiel bei den berühmten Fachwerkhäusern verwendet. Im Iran ist eine spezielle Gewölbeform aus Lehmziegeln entstanden.
Obwohl Lehm kostenlos ist, wenn er aus dem Bodenaushub des eigenen Grundstücks kommt und in vielen Regionen ohne lange Transportwege eingesetzt werden kann, wurde der Baustoff in der industriellen Revolution von industriell produzierten Materialien abgelöst.
Eigenschaften
Lehm ist diffusionsoffen, das heißt er kann Feuchtigkeit aufnehmen und wieder abgeben. Zur Feuchtigkeitsregulierung im Innenraum ist dies ein großer Vorteil und trägt zum Wohlbefinden der Bewohner*innen bei, jedoch ist es aufgrund dieser Eigenschaft sehr wichtig den Baustoff richtig einzusetzen.
Lehm kann ideal im Innenraum verwendet werden oder im Außenbereich durch Dachvorsprünge, Fassadenelemente oder Kalk vor der Witterung geschützt werden.
Zukunft des Lehmbaus in Wien
Die Umsetzung einer klimawandelangepassten Stadt mit Gebäuden basierend auf kreislaufwirtschaftlichen Aspekten sind Schlüsselaufgaben für unsere Zukunft. Lehm kann dabei eine wichtige Rolle spielen. In einer klimawandelangepassten Stadt kann Lehm richtig eingesetzt die Überhitzung von Gebäuden vermindern, da er Hitze gut speichert und erst zeitversetzt wieder abgibt. Lehm ist zudem ein idealer Baustoff für die Kreislaufwirtschaft, Lehmputz oder Lehmziegel können zerkleinert und durch Wasserbeimengung sofort wiederverwendet oder direkt vor Ort aus dem Bodenaushub verwendet werden. Eine Kombination von Tragstrukturen aus Stahlbeton, Stahlskelett oder Holzbau mit Lehm kann zu einer erheblichen Reduktion der CO2-Emissionen in der Bauwirtschaft beitragen.
In Wien ist vor allem die Region um den Wienerberg für ihre Lehmvorkommen bekannt.
Um den Lehmbau wieder zu etablieren ist es wichtig rechtliche Rahmenbedingungen für die Nutzung des Bodenaushubs als Baumaterial zu schaffen, Bauarbeiter*innen auszubilden und Öffentlichkeitsarbeit zu leisten. So kann der Jahrtausende alte Baustoff in Zukunft eine wichtige Rolle zur Bewältigung der Klimakrise spielen.
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