Das KKW Tricastin liegt etwa 100 Kilometer nördlich von Avignon. Nach Angaben der französischen Atomaufsichtbehörde (ASN) sind in der Nacht vom 7. auf den 8. Juli 2008 etwa 30.000 Liter uranhaltiges Wasser ausgetreten. Das entsprechende Auffangbecken war wegen Reparaturarbeiten nicht dicht.
Die Konzentration in der freigesetzten Flüssigkeit betrug etwa 12 Gramm Natururan pro Liter. Aus diesen Angaben folgt eine Gesamtmasse des freigesetzten Urans von 360 Kilogramm - davon etwa 2,5 Kilogramm Uran-235. Die Flüssigkeit ist in den Boden und in benachbarte Gewässer eingedrungen. Der Vorfall wurde seitens der Behörde als INES 1 eingestuft.
Von der Kontamination sind die beiden Rhônezuflüsse Gaffière und Lauzon betroffen. Zur Zeit werden Messungen über die Ausbreitungswege und die tatsächliche Verteilung der ausgetretenen Flüssigkeit durchgeführt. Vorläufige Messergebnisse des Betreibers zeigen eine Belastung der Gewässer in der Größenordnung des Grenzwertes der WHO (Weltgesundheitsorganisation) für Trinkwasser.
Notwendige Maßnahmen
Als Vorsichtsmaßnahme hat die Aufsichtsbehörde den Regionen des Drôme und des Vaucluse empfohlen, in den betroffenen Gebieten Einschränkungen bezüglich Wassersportaktivitäten, Fischerei, Wasserentnahme zur Bewässerung sowie zur Trinkwassernutzung zu erlassen. Die ASN hat mit Entscheidung vom 11. Juli 2008 dem Betreiber der Uranaufbereitungsanlage (SOCATRI) aufgetragen, unverzüglich (innerhalb von 24 Stunden) alle betroffenen Flächen zu bestimmen. Weiters müssen die betroffenen Retentionsbecken und der Kanal bis zur Einmündung in die Gaffière gereinigt werden. Die Annahme von weiteren Flüssigkeiten im betroffenen Anlagenteil ist einzustellen und mit dem Ausheben des betroffenen Erdreichs ist zu beginnen.
Kernkraft als permanentes Risiko
Gerade für Tourismusregionen, wie es die betroffenen Regionen sind, ist ein derartiger Vorfall - abgesehen von den radiologischen Auswirkungen - mit negativen wirtschaftlichen Folgen verbunden. Wie dieser Vorfall wieder deutlich zeigt, ist die Kernenergie mit einer Vielzahl von Risken verbunden. Katastrophale Unfälle wie jener von Tschernobyl sind statistisch betrachtet glücklicherweise sehr seltene Ereignisse. Jedoch ist die Umgebung von kerntechnischen Anlagen durch eine Vielzahl von kleinen und kleinsten Ereignissen praktisch ständig belastet. Auch wenn diese Vorfälle und zulässigen Freisetzungen sich in der Regel unter der Schwelle der gesetzlichen Grenzwerte befinden, sind sie unter Bedachtnahme von Studien, beispielsweise der deutschen Studie zur Kinderkrebsrate in der Umgebung von Kernkraftwerken, zumindest beunruhigend.
Die Wiener Umweltanwaltschaft fordert aus diesem Grund den effizienten Umgang mit dem wertvollen Gut Energie und den massiven Ausbau der Energieerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern. Nur so ist es möglich, in Zukunft ohne den zu Ende gehenden fossilen Brennstoffen und ohne den Gefahren der ebenfalls nur noch für begrenzte Zeit zur Verfügung stehenden Kernenergie auszukommen. Jede/r Einzelne hat heute schon die Möglichkeit persönlich aus der Kernenergie auszusteigen.