Details zum Störfall vom 25.7.2006
Aufgrund eines Kurzschlusses in einer 400 kV Umspannanlage des KKW wurde im Forsmark 1-Reaktor eine Reaktorschnellabschaltung eingeleitet und die Sicherheitssysteme wurden aktiviert. Ein totaler Stromausfall war die Folge.
Das Kraftwerk besitzt für solche Notfälle vier Batteriesysteme und vier Dieselgeneratoren – jeweils zwei pro Turbine. Der Notstrom ist notwendig, um den Kühlmittelkreislauf mit einer Umwälzpumpe in Betrieb zu halten und somit die Restwärme im Reaktorkern abzuführen. Ist die Kühlung in einem Reaktor nicht mehr gewährleistet, so droht die Reaktorkernschmelze. Aufgrund des Kurzschlusses und der damit verbundenen Spannungsschwankungen entfiel auch die Batterieversorgung für die Dieselgeneratoren. Nach vier Sekunden fiel eine Turbine aus – wahrscheinlich aufgrund des Spannungsabfalls in den Ölpumpen. Nach 28 Sekunden fiel die zweite Turbine aus. In diesem Augenblick verloren die Anzeigen für den Wasserstand im Reaktortank die Stromversorgung, woraufhin die Reaktorschnellabschaltung erfolgte. Zwei Dieselgeneratoren wurden aktiviert und ersetzten damit eine Turbine. Die beiden anderen konnten aufgrund der Störung nicht an das Stromnetz gehen. Es dauerte 23 Minuten, bis die beiden anderen Dieselgeneratoren manuell in Gang gebracht werden konnten. Die Position der Reaktorsteuerstäbe war während dieser Zeit für das Betriebspersonal unklar, da aufgrund des Stromausfalls auch die Computer stillstanden, die Anzeigen ausfielen und der Reaktor auf die Hälfte der Stromversorgung reduziert war. Vier der acht Umwälzpumpen waren allerdings in Betrieb. Das automatische Druckentlastungssystem wurde aktiviert und durch die beiden Entlastungsventile der Dampf in den Kondensationspool umgeleitet. Somit gingen der Reaktordruck und der Wasserstand im Reaktor zurück.
Konsequenzen
Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass bei einem totalen Stromausfall eine Kernschmelze nicht auszuschließen gewesen wäre. Nach dem Störfall wurden in Schweden aus Sicherheitsgründen zwei weitere Reaktoren (Oskarsham 1 und 2) der gleichen Bauart abgeschaltet.
Von Seiten schwedischer Politikerinnen und Politiker wurde eine vollkommene Aufklärung der Vorgänge gefordert. Immerhin hat Schweden den Ausstieg aus der Nukleartechnologie bereits beschlossen, aber bis jetzt noch nicht umgesetzt.
Atomenergie in Europa
Schweden hat nach einer Volksabstimmung bereits 1980 den Atomausstieg beschlossen. Erst 1999 hat es mit dem Ausstieg begonnen und zwei der ehemals zwölf Reaktoren stillgelegt. Allerdings zeigt eine Umfrage, dass eine wachsende Zahl der Bevölkerung Schwedens an der Kernenergie festhalten will.
In Deutschland hat der Störfall von Forsmark die Debatte über den Atomausstieg neuerlich entfacht. Die Forderungen nach einem schnelleren Ausstieg aus der Atomenergie nehmen zu. Die Kanzlerin beharrt jedoch auf dem vereinbarten Atomkonsens, laut dem bis 2020 alle deutschen Reaktoren stillgelegt werden sollen.
In Finnland wird zur Zeit ein neues AKW< gebaut. Auch das atomkraftfreie Polen plant den Bau seines ersten AKW. Fast zeitgleich mit dem Vorfall in Schweden wurde vom tschechischen AKW Temelin – 60 Kilometer von der österreichischen Grenze entfernt – der mittlerweile 91. Störfall gemeldet.
Im Zuge der Diskussion um die Erhöhung des EURATOM-Rahmens hat die WUA bereits 2003 gefordert, neben einer Verwendung der Gelder für die Schließung von AKWs, einen Teil zur Förderung von Energieeffizienz-Maßnahmen und erneuerbaren Energieträgern zu verwenden.
Resümee der WUA
Für die WUA ist die Ausweitung der Atomenergie als Maßnahme zum Klimaschutz und als Konsequenz für die hohen Erdölpreise der falsche Weg. Nur "saubere" Energie kann gewährleisten, dass nachfolgende Generationen keine horrenden Folgekosten unseres heutigen Nuklearbooms tragen müssen – zum Beispiel die Kosten der Endlagerung. Auch wenn sich die Kernenergie heute als kostengünstigste Energieform darstellt, wird den folgenden Generationen ein teures Erbe in Form von alten nuklearen Endlagerstätten hinterlassen. Diese verursachen teure Strahlenschutzmaßnahmen für Bevölkerung und Umwelt.
Der schwere Störfall in Schweden zeigt neuerlich, dass die Gewinnung von Kernenergie eine Risikotechnologie ist, bei der es immer zu unvorhergesehenen Ereignissen kommen kann. Massive ökologische und gesundheitliche Schäden für große Gebiete können dabei nie ausgeschlossen werden.