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Umwelttipp der Woche

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Baum- und Wegehalterhaftung sind gesetzlich ganz klar auf ein vernünftiges und zumutbares Maß zu reduzieren
Die Umweltanwaltschaften Österreichs fordern in einer Gemeinsamen Stellungnahme vom Bundesgesetzgeber Klarstellungen zur Erhaltung von Bäumen, dem Schutz von Natur und Klima, zum Interessensausgleich bei der Waldnutzung sowie zur Erhöhung der Rechtssicherheit für Gemeinden und Forstwirtschaft.

Bäume sind für Natur und Umwelt sowie für die menschliche Lebenswelt von immenser Bedeutung. Nicht nur Tiere und gesamte Ökosysteme sind eng mit dem Baumbestand verbunden, für den Menschen hat die Rolle der Bäume im Klimawandel an besonderer Relevanz gewonnen: So verdunstet ein großer Baum bei Hitze bis zu 1000 Liter Wasser pro Tag und verursacht damit erhebliche Kühlung. In den letzten Jahren aber wird zunehmend das Gefahrenpotenzial von Bäumen gesehen.

Unklare Rechtsprechung führt zu überschießenden Reaktionen

Konkret geht es darum, dass die Haftung der Baum- und Wegehalter für Schäden durch herabfällende Äste und umstürzende Bäume durch die Rechtsprechung in den letzten Jahren unterschiedlich beurteilt und somit tendenziell verschärft worden ist. Als Konsequenz nimmt die Vorsicht zu, unklare Risiken werden minimiert. In der Folge werden Bäume oft über das notwendige Maß zurückgeschnitten. Bäume, von denen möglicherweise ein Gefahrenpotenzial ausgehen könnte, werden häufig gleich gefällt. Bei Neuplanungen von Straßen oder Plätzen wird der Baum vermehrt als Gefahrenquelle eingeschätzt, die es möglichst zu vermeiden gilt. Die Auswirkungen sind massiv, gerade aufgrund der risikobedingten Entfernung großer und zumeist alter Bäume: Die Abkühlung durch Verdunstung, die Schattenwirkung, die Verminderung von Staub, der Verlust der Erholungswirkung, aber auch wesentliche Naturschutzaspekte gehen unwiederbringlich verloren bzw. treten völlig in den Hintergrund. Zukünftige Regelungen sollen daher das Interesse an der Erhaltung ökologisch wertvoller Bäume oder Baumbestände berücksichtigen. Auch der Interessensausgleich bei der Waldnutzung – Stichwort „Mountainbiken“ – wird durch die aktuelle Verunsicherung bezüglich der Haftung für Schäden unzumutbar erschwert bis verunmöglicht.

Umweltanwaltschaften Österreichs: Rechtliche Änderungen dringend notwendig

Im Rahmen der aktuellen Tagung der Umweltanwältinnen und Umweltanwälte Österreichs, die diesmal unter dem Vorsitz des Niederösterreichischen Umweltanwalts Thomas Hansmann in Hinterbrühl stattgefunden hat, wurde einstimmig der Beschluss gefasst, dieses brisante Thema mit ganzer Kraft voranzutreiben. „Es ist keine Zeit mehr zu verlieren, die bestehende Situation ist eine unhaltbare Zumutung, die allen schadet – und schon jetzt sind die Auswirkungen auf Natur und Umwelt irreversibel“, so Hansmann.

Das höchste Gremium der Umweltanwaltschaften Österreichs unterstützt in diesem Zusammenhang eine von Univ.-Prof.in Erika Wagner, Johannes Kepler Universität Linz, erstellte Studie voll und ganz. Dort wird nicht nur die in Österreich geltende Rechtslage dargelegt, sondern werden gleich auch konkrete legistische Verbesserungsmöglichkeiten aufgezeigt. Die auf Initiative der Fachabteilungen der Stadt Wien erarbeitete Studie wurde unlängst im Rahmen einer Tagung zum Thema Baumhaftung in Seitenstetten/NÖ vor mehr als hundert TeilnehmerInnen aus Bund, Ländern, Gemeinden und Forstverwaltungen präsentiert und mit großem Interesse diskutiert.

Die aktuelle Situation: Überbordende Haftungsregelungen

Erstens ist es unverständlich und nicht sachgerecht, dass Bäume von der Rechtsprechung rechtlich wie „Bauwerke“ behandelt werden (durch eine analoge Anwendung von § 1319 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches - ABGB), denn somit muss der Baum- bzw. Wegehalter im Falle eines durch einen Baum verursachten Schadens beweisen, dass er alle zur Abwendung der Gefahr erforderliche Sorgfalt angewendet hat. Stattdessen soll eine eigene Bestimmung (§ 1319b) ins ABGB aufgenommen werden, wo die Verkehrssicherungspflichten für Baum- und Wegehalter genau festgelegt sind. „Es muss klargestellt werden, dass ein Baum nicht mit einem Gebäude gleichzusetzen ist. Zurzeit wird das so interpretiert, mit allen Konsequenzen für die Verantwortlichen“, stellt Wiens Umweltanwältin Andrea Schnattinger fest.

Zurück zur Vernunft bei den Erhaltungspflichten

Zweitens ist der aktuell angelegte Sorgfaltsmaßstab jedenfalls zu hoch – und die Anforderungen steigen stetig, womit die Unsicherheit wächst. Die Frage etwa, ob eine Gemeinde, die im Regelfall jährliche Baumkontrollen durchführt, dadurch von einer möglichen Haftung befreit ist, kann derzeit nicht mit Sicherheit bejaht werden, weil die Gerichte teilweise kürzere Kontrollabstände fordern. Dazu kommt noch, dass auch die Frage der Erkennbarkeit von Mängeln nicht ausreichend geklärt ist: In der Rechtsprechung wird zwar die Auffassung vertreten, dass die Erkennbarkeit eines Mangels für die Begründung einer Haftung erforderlich ist. Im gleichen Atemzug aber wird auch dann eine Haftung angenommen, wenn für Laien keine Mängel erkennbar waren.

Es muss in Zukunft jedenfalls gelten, dass Erhaltungspflichten auf ein vernünftiges und zumutbares Maß reduziert werden. Zudem ist bei einem gebotenen Rückschnitt soweit wie möglich die Baumsubstanz zu wahren. Schließlich ist neben dem ABGB auch das Forstgesetz – konkret § 176 ForstG - zu novellieren: Da die sogenannte „Waldfreiheit“ gilt, sollte der Waldeigner im Gegenzug auch für typische Waldgefahren nicht haften.

Rückfragehinweis:

Wiener Umweltanwältin Mag.a Dr.in Andrea Schnattinger; Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!; Tel.: 01/37979/88981
Niederösterreichischer Umweltanwalt Mag. Thomas Hansmann; Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!; Tel.: 02742-9005/12746

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