Allgemeines
Das Kernkraftwerk Stade wurde am 14. November 2003 stillgelegt.
Der Druckwasserreaktor von Stade ist der einzige dieser Bauart in der Bundesrepublik Deutschland. Er liegt nordwestlich von Hamburg, direkt an der Elbe. Stade gehörte zu zwei Drittel der EON Kernkraft und zu einem Drittel den Hamburgischen Elektrizitäts-Werken (HEW). Das Kraftwerk ging im Jahr 1972 in Betrieb. Es gehörte zusammen mit der Anlage von Würgassen zu den ersten kommerziell genutzten KKWs in Deutschland. Die Anlage ist das erste deutsche KKW, das durch das Atomgesetz (AtG) in den Ruhestand gezwungen wird. Die thermische Leistung des Blockes betrug 1.900 Megawatt thermisch (MWth) beziehungsweise 662 Megawatt elektrisch (MWel) brutto. Das sind 630 MW netto nach Abzug des Eigenbedarfs. Ab 1984 wurde die Restwärme des KKWs von einem Salinenbetrieb verwendet. Die elektrische Produktionsleistung hatte sich um etwa zehn MW gesenkt. Der Gesamtwirkungsgrad war aber über Kraftwärmekopplung gestiegen.
Nach der Stillegung soll die Anlage mit Rücklagen des Betreibers rückgebaut, das heißt abgerissen werden. Für die technisch und finanziell anspruchsvolle Aufgabe sind mit rund 650 Millionen Euro ähnliche Mittel wie einst für die Errichtung der Anlage eingeplant. Die Hauptschwierigkeiten liegen in der Demontage und sicheren Verpackung radioaktiv stark kontaminiert oder aktivierter Komponenten des Primärkreises. Der Rückbau soll etwa zwölf Jahre in Anspruch nehmen. Siehe Schlüsselthema Rückbau kerntechnischer Anlagen.
Wichtige Zahlen im Überblick
Reaktortyp | Leistung (MW elektrisch) | Fertigstellung/ Netzsynchronisation | Betrieb bis | |
---|---|---|---|---|
KKW-Stade | Druckwasserreaktor (westlicher Typ) | 630 (netto) | 1972 | 14. November 2003 |
- Entfernung von der Stadt Wien (Luftlinie): Etwa 1.000 Kilometer
- Anteil der Anlage an der Stromerzeugung in Deutschland: Zirka 0.93 Prozent (2001)
- Anteil der Stromerzeugung aus Kernenergie in Deutschland: Zirka 30 Prozent (2002)
- Stromerzeugung der Anlage seit Betriebsbeginn: Zirka 151 Milliarden Kilowattstunden (KWh) (Juli 2003)
Schwere Stör- und Zwischenfälle
Zu einem kerntechnischen Unfall mit der Freisetzung grenzwertüberschreitender Mengen an Radioaktivität außerhalb des Kraftwerksgeländes kam es im KKW Stade nicht. Allerdings ereigneten sich während des Betriebs zahlreiche Situationen, die eine Einschränkung der Betriebssicherheit nach sich zogen. Das Alter der Anlage machte sich an wesentlichen Komponenten wie etwa dem Reaktordruckbehälter bemerkbar. Bei einer Untersuchung durch das niedersächsische Umweltministerium 1994 wurde festgestellt, dass die neutroneninduzierte Versprödung des Druckbehälters teilweise schon weiter fortgeschritten war als bis dahin angenommen (errechnet oder durch Voreilproben angezeigt). Die glasartige Versprödung des Druckbehälters hätte in bestimmten Notkühlsituationen zu einem Bersten des Behälters und damit zu einem auslegungsüberschreitenden Unfall führen können. Die Wahrscheinlichkeit hierfür war jedoch gering. Sie ist aber deutlich höher als bei einer vergleichbaren neuen Anlage.
Kritikpunkte
Der Reaktor ist inzwischen in die Jahre gekommen. Es muss davon ausgegangen werden, dass zahlreiche Komponenten an ihre Altersgrenze stoßen. Trotz erfolgter Erneuerungsarbeiten stellt dies in Verbindung mit dem relativ dicht besiedelten Umland ein erhöhtes Risiko dar.
Position der Wiener Umweltanwaltschaft
Beim anschließenden Rückbau sollten die Erkenntnisse über die zerlegten Komponenten und der technisch komplexen Demontage ausführlich dokumentiert werden. Damit soll ein möglichst sicherer Betrieb anderer KKWs ermöglicht werden.
Technische Spezifikation
Der Reaktordruckbehälter ist 10,4 Meter hoch und 4,08 Meter im Durchmesser mit einer Wandstärke von 19,2 Zentimeter. Die aktive Zone besteht aus 157 Brennelementen. Die Urandioxid-Brennstofftabletten sind in Zirkaloy-4 Hüllrohren gemantelt. Die Gesamtmasse an Uran im Reaktor beträgt 56,2 Tonnen. Der Primärkreislauf besitzt vier unabhängige Schleifen. Die Eintrittstemperatur des Wassers in den Reaktorkern beträgt 288,4 Grad Celsius. Das Kühlwasser wird beim Durchströmen der aktiven Zone auf 316,4 Grad Celsius aufgeheizt. Pro Stunde werden etwa 44.000 Tonnen Wasser durch den Reaktorkern gepumpt. Der Sekundärkreislauf mit der Turbine hat auf der heißen Seite eine Temperatur von 265 Grad Celsius. Die Turbine verarbeitet zirka 3.600 Tonnen Dampf pro Stunde.
Sicherheitssysteme
Der Reaktor von Stade ist mit einem Doppel-Containment umgeben. Der Maximaldruck für das Containment beträgt etwas über 3,85 Bar. Die üblichen Sicherheitseinrichtungen wie Containmentsprühsystem, Notkühlsysteme, Notstromversorgung und Ersatzblockwarte sind vorhanden.
Verwendete Quellen und Links
- Forschungsprojekt Energiepolitik, Jürgen Sattari