Flamanville 3 (EPR)
Der Standort Flamanville wird durch einen dritten (und in Zukunft möglicherweise einen vierten) Block erweitert. Bei Flamanville 3 handelt es sich um den ersten in Frankreich errichteten Europäischen Druckwasserreaktor (EPR). Ein vergleichbares Kraftwerk wird als Block Olkiluoto 3 in Finnland errichtet. Der Bau von Flamanville 3 wurde im Dezember 2007 begonnen und soll 2012 abgeschlossen sein. Das Kraftwerk hat eine projektierte Betriebsdauer von 60 Jahren und soll sich laut Herstellerangaben von Areva (Framatom und Siemens) durch Wirtschaftlichkeit, geringe Betriebskosten und hohe Sicherheitsstandards auszeichen. Ob der Zeitplan mit einer Inbetriebnahme 2012 nach 54 Monaten Bauzeit eingehalten werden kann ist fraglich, zumal – ähnlich wie beim finnischen EPR-Reaktor - in Bau Schwierigkeiten mit der Mixtur und Verarbeitung des Betons aufgetreten sind. Die Verzögerungen tragen auch zur Steigerungen der Projektkosten bei. Das Fixpreisangebot von drei Milliarden Euro für Olkiluoto 3 entwickelt sich für den Errichter Areva bereits zu einem Verlust. Die zwischen EDF und Areva vereinbarten Errichtungskosten für den EPR in Flamanville betragen 3,3 Mrd. EUR. EDF kalkuliert die Produktionskosten für den in Grundlast und Lastfolgebetrieb operierenden Reaktor mit 46 Euro/MWh (4,6 Euro Cent/KWh).
Das Verfahren und die öffentliche Diskussion
Im Vorfeld der Errichtung wurde eine UVP mit einer Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt. Im Gegensatz zur finnischen UVP war das französische Verfahren allerdings nicht international, sondern stark regional/national orientiert. Obwohl Frankreich Unterzeichnerstaat der ESPOO-Konvention ist, wurde die UVP zu Flamanville 3 nicht den Nachbarstaaten vorgelegt, Frankreich betrachtet die Energiepolitik und die Kernenergie im Besonderen trotz ihrers Gefahrenpotenzials für Dritte als rein nationale Angelegenheit. Dieser Haltung entsprechend wurden Unterlagen zum Projekt nur in französisch veröffentlicht. Mitsprache und Parteistatus am Verfahren wurde – dies allerdings teilweise in erheblichem Umfang – lokalen, regionalen und nationalen Stellen vorbehalten. Die öffentliche Debatte zum Projekt dauerte vier Monate, wobei sich 21 französische Institutionen und insgesamt 4000 Einzelpersonen und Vertreter von Institutionen am Verfahren beteiligten. Dabei wurden insgesamt rund 800 Anfragen eingebracht, die vom Projektwerber, der EFD, beantwortet werden mussten. Eine knappe Mehrheit der Franzosen befürwortet die Kernenergie. Die Kernenergie kommt wird öffentlich nur wenig kontrovers debattiert. Der positive Aspekt der Kernenergie in Bezug auf den CO2-Ausstoß gegenüber fossilen Brennstoffen wird von offizieller Seite stark betont und in den Medien transportiert. Seit 01.01.2008 müssen Unternehmen, die mehr CO2 emittieren, als in ihrem Kontingent vorgesehen, pro Tonne 100 Euro Strafgebühr entrichten.
Zu den Gegnern von Flamanville zählen teilweise nationale, überwiegend aber internationale Umweltorganisationen wie „Friends of the Earth“ oder Greenpeace international. Lokaler Widerstand wurde aber in breiter Front und auch von den beteiligten Gebietskörperschaften und Gemeinden überstimmt, die sich einen wirtschaftlichen Vorteil, Wertschöpfung und Arbeitsplätze durch Flamanville versprechen. Aufgrund der unmittelbaren wirtschaftlichen Effekte einer großen Industrieanlage, ist die lokale Bevölkerung mehrheitlich - wie bei anderen KKW-Standorten auch - dem Ausbau gegenüber positiv eingestellt. (Während der Errichtung des Großprojekts Flamanville 3 sind zirka 2300 Arbeitskräfte eingebunden, die Hälfte davon auf der Baustelle selbst. Dauerhaft werden durch Flamanville 3 etwa 300 überwiegend hochqualifizierte Arbeitsplätze geschaffen.) Ein Veto wäre im Verlauf des Standorthauswahlverfahrens auf der lokalen politischen Ebene möglich gewesen, wurde aber nicht eingebracht.
Die Geschichte des EPR in Frankreich
Für die Bauplatzvorbereitung musste ein Teil der steilen Klippen oberhalb des Standorts gesprengt werden. Die gesamten Erdbewegungen belaufen sich auf 300.000 m3. Für den Bau werden 40.000 m3 Beton in einem eigens errichteten Betonwerk hergestellt. Die Errichtung von Flamanville 3 in kurzer Chronologie:
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12.06.2004: EDF fällt die Grundsatzentscheidung einen EPR in Frankreich zu errichten
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21.10. 2004: EDF entscheidet sich für einen EPR am Standort Flamanville
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04.11.2004: EDF setzt die CNDP (Commission Nationale de Débat Public) über die Pläne zum Bau in Kenntnis
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19.10 2004 bis 18.02.2005: Durch CNDP wird eine öffentliche Debatte organisiert
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04.05.2006: EDF veröffentlicht das Ergebnis der öffentlichen Debatte
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15.06.2006 und 31.07.2006: Zwei hochrangige Enquete-Kommissionen besuchen den geplanten Standort zu Bewertung
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08.2006: Die Vorbereitungsarbeiten für den Standort beginnen
- 19.08.2006: Die Enquete-Kommissionen übergeben ihre Stellungnahme offiziell an den Präfekten des Département Manche
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11 bis 12/2006: Öffentliche Debatte im Rahmen von DARPE
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12/2007: Die Bauarbeiten beginnen
- Die Fertigstellung und Inbetriebnahme ist für 2012 geplant
Bei der Anlage handelt es sich um einen Europäischen Druckwasserreaktor (EPR) des Konsortiums Areva (Framatome und Siemens) mit einer geplanten Nettoproduktionsleistung von 1600 MWe. Dieses Reaktorkonzept wurde über das letzte Jahrzehnt entwickelt und gehört der so genannten Generation 3+ an. Damit sind Kernkraftwerke bezeichnet, die - wie die Hersteller hoffen - im Vergleich zu bestehenden Anlagen ein erhöhtes Maß an Sicherheit, Verfügbarkeit und Wirtschaftlichkeit aufweisen,. Die bisher gesammelten Erfahrungen aus dem Betrieb von Kernkraftwerken wurden im EPR-Konzept berücksichtigt. In Zukunft sollen an verschiedenen Orten auf der Welt EPR-Anlagen errichtet werden, die bis auf die architektonische Ausgestaltung von unwesentlichen Gebäudeteilen technische Serienprodukte sind. In der Grundkonzeption unterscheidet sich der EPR nicht wesentlich von modernen Druckwasserreaktoren aus Frankreich oder Deutschland: In einem Druckbehälter befindet sich der Reaktor, der sich aus Brennelementen zusammensetzt, die wiederum aus Brennstäben bestehen. Die Steuerstäbe zur Regelung der Kettenreaktion werden von oben eingefahren. Der Druckbehälter ist mit Wasser gefüllt, welches als Moderator für die Neutronen und als Kühlmittel dient. Das Primärwasser wird in vier Kühlmittelschleifen umgewälzt und gibt in den vier zugehörigen Dampferzeugern die Wärmeleistung an den Sekundärkreislauf ab, wo bei geringerem Druck Dampf entsteht, der über eine Turbine im konventionellen Teil der Anlage geführt wird. Die Turbine treibt den Generator zur Stromproduktion an.