Im März 2022 beschloss der Wiener Gemeinderat nach beinahe dreijähriger Vorarbeit in drei Arbeitsgruppen die "Wiener Strategie zur Pestizidminimierung".

Bremse gegen das Insektensterben und Gesundheitsschutz der urbanen Bevölkerung

BEN 1578 KleinEines der Hauptziele der Strategie ist in Wien das allgemein zu beobachtende Insektensterben einzubremsen, sowie dessen negative Folgewirkungen für Amphibien, Vögel und andere Insektenfresser.

In einer dicht besiedelten Großstadt wie Wien besteht zudem der Bedarf für ein erhöhtes Schutzniveau für die Gesundheit der Bevölkerung, insbesondere von sensiblen Bevölkerungsgruppen wie Kindern oder Schwangeren. Sie sollen in ihrem Lebensumfeld möglichst wenig dem Eintrag von problematischen Pestiziden ausgesetzt werden, die teilweise unter dem Verdacht stehen, Krebs zu erregen.

Die WUA war bei der Erarbeitung der Wiener Pestizidstrategie in allen Arbeitsgruppen und im Kernteam vertreten. Die Arbeitsgruppe „Private Anwender*innen“ leiteten wir zudem. Mitglieder waren der Zentralverband der Kleingärtner Österreichs, die Österreichische Gartenbau-Gesellschaft ÖGG, die Innung der Gärtner und Floristen, die Bioforschung Austria, Biohelp – Bienen und Garten, DIE UMWELTBERATUNG, Global 2000, die Stadt Wien – Umweltschutz und Natur im Garten.

Die wichtigste von der Arbeitsgruppe empfohlene Maßnahme war eine Novelle des Wiener Pflanzenschutzmittelgesetzes nach dem Vorbild von Kärnten und Vorarlberg. Diese hatten ein Verbot des Einsatzes von chemisch-synthetischen Pestiziden für öffentliche Flächen, sowie für private Anwender*innen im Haus- und Kleingartenbereich umgesetzt. Erlaubt waren nur Wirkstoffe mit geringem Risiko und biologische Produkte.

Nun freuen wir uns sehr, dass die unter unserer Leitung initiierte Maßnahme einer deutlichen Pestizidminimierung auf den Flächen des Wiener Stadtgebietes im Dezember 2024 im Rahmen einer Novelle des Wiener Pflanzenschutzmittelgesetzes nun in Kraft getreten ist.

 

Wien als Vorreiterin mit der strengsten Pestizidminimierung Österreichs

Damit ist die Stadt Wien nun Vorreiterin unter allen österreichischen Bundesländern beim Schutz der Biodiversität und der Gesundheit der Bevölkerung vor potentiell negativen Folgewirkungen chemisch-synthetischer Pestizide. Denn anders als in Kärnten und Vorarlberg bezieht sich das Verbot nicht nur auf öffentliche Flächen wie Parkanlagen oder Straßenbegleitgrün, oder nicht gewerbliche Anwender*innen im Haus- und Kleingartenbereich. Mit wenigen, rechtlich nicht zu umgehenden Ausnahmen ist der Einsatz chemisch-synthetischer Pestizide nun auf der gesamten Flächen Wiens verboten, also zum Beispiel auch für gewerbliche Gärtner*innen, welche private Flächen pflegen. Ausgenommen sind sensible Infrastrukturen wie Gleisanlagen und jene Landwirt*innen, die noch nicht auf biologische Landwirtschaft umgestiegen sind, wobei ein knappes Drittel der landwirtschaftlichen Fläche Wiens bereits biologisch bewirtschaftet wird.

Waldflächen unterliegen dem Forstgesetz mit eigenen Bestimmungen. In der Regel werden dort aber bis auf einen chemischen Verbissschutz keine Pestizide ausgebracht.

Von Anwender*innen bereits erworbene chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel können noch bis Ende des Jahres 2025 eingesetzt werden.

 

Wiens hohe Artenvielfalt bedeutet auch eine erhöhte Verantwortung

Wiens Fläche steht zu fast einem Drittel in verschiedenen Kategorien unter Naturschutz. Besonders hervorzuheben ist dabei der Nationalpark Donau-Auen (Lobau), der Wienerwald, der Bisamberg und das Landschaftsschutzgebiet Liesing.

So weist Wien als kleinstes und am dichtesten besiedeltes Bundesland eine hohe Artenvielfalt auf. Ein Beispiel: Von 215 in ganz Österreich dokumentierten Tagfalterarten kommen immerhin 105 Arten auch in Wien vor. So trägt auch Wien trotz Bevölkerungswachstum weiterhin eine hohe Verantwortung für deren Erhalt. Gerade in Zeiten eines sich stetig verändernden Klimas mit einer Zunahme an Dürreperioden, spielen auch naturnah und möglichst pestizidfrei gestaltete Privatgärten eine immer wichtigere Rolle für die Biodiversität, auch als kleine und oft überlebenswichtige Oasen für wandernde Arten.

Wir bedanken uns bei allen Unterstützer*innen auf dem Weg zur Umsetzung des nunmehr novellierten Pflanzenschutzes in Wien. Wir hoffen zudem, dass die für eine Großstadt immer noch beeindruckende Anzahl an Insektenarten von der künftig reduzierten Ausbringung von chemisch-synthetischen Pestiziden profitieren wird. Für weitere Maßnahmen zum Schutz und der Aufwertung naturnaher Flächen setzen wir uns als Wiener Umweltanwaltschaft stetig ein.

 © Foto Benedikt Heger

 

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