Die WUA nahm an einer spannenden Tagung über Carbon Capture, Utilization and Storage (CO2-Abscheidung, -Speicherung und Verwendung; kurz: CCUS) teil. CCUS ist eine Technologie, die in den letzten Jahren als Hoffnungsträger im Kampf gegen Klimawandel gepriesen wird. Die Erreichung von Klimaneutralität ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. In vielen Industrieprozessen sind jedoch Treibhausgas-Emissionen unvermeidlich – zumindest mit den derzeit verfügbaren Technologien. Angesichts der misslichen Situation wird immer häufiger die Technologie der CO2-Abscheidung, -Speicherung und Verwendung als eine mögliche Lösung ins Spiel gebracht. Dabei geht es darum, die unvermeidbaren Emissionen abzuscheiden, zu transportieren und geologisch zu speichern oder so weiter zu nutzen, dass sie langfristig gebunden werden.
Ein wichtiger Schritt zur Bewältigung des Problems ist die Verabschiedung der Carbon Management Strategie (CMS) im Juni 2024 in Österreich, die das Ziel verfolgt, CO2-Emissionen durch Abscheidung, Nutzung und Speicherung (CCUS) nachhaltig zu reduzieren und dabei technologische Innovationen sowie Kreislaufwirtschaft gezielt zu fördern. Doch die Fragen bleiben: Kann dies wirklich der Schlüssel zur Klimaneutralität sein, oder handelt es sich nur um ein technisches Pflaster, das die wahren Ursachen des Problems übersieht? Wird die geologische Speicherung von CO2 nicht vielleicht dazu führen, dass wir den nötigen Wandel in den betroffenen Industrien aufschieben, anstatt nachhaltige, emissionsfreie Produktionsprozesse zu entwickeln?
Am NEFI (New Energy for Industry) Technology Talk des Oberösterreichischen Energiesparverbands nahmen 72 Teilnehmer*innen teil, um technische, ökonomische und rechtliche Fragen rund um das Thema CCUS zu diskutieren. Dabei wurden unterschiedliche Perspektiven zu Infrastruktur, Nutzung und mögliche Speicherung von schwer vermeidbaren CO2-Emissionen beleuchtet. Durch die durchgeführten Studien und Pilotprojekte wird klar, dass der Weg zur praktischeren Umsetzung von CO2-Abscheidung und -Speicherung nicht nur technologisch, sondern auch politisch und gesellschaftlich hochkomplex ist.
Derzeitige „State-of-the-Art“-Technologie
Beim Carbon Capture gibt es vier wesentliche Verfahren: die Pre-Combustion-Abscheidung (vor der Verbrennung), die Post-Combustion-Abscheidung (nach der Verbrennung), das Oxyfuel-Verfahren sowie das „chemical looping“. Die beiden letzten genannten Methoden werden genutzt um reinstes CO2 zu gewinnen.
Beim NEFI Technologie Talk wurde deutlich, dass die am besten etablierte Methode zur CO2 Abscheidung die Post-Combustion-Technologie ist – also die Abscheidung nach der Verbrennung. Hierbei kommt meist die Aminwäsche zum Einsatz. In diesem Prozess werden CO2-haltige Abgase durch einen Absorber (Kontaktabscheider) geleitet, der mit einer wässrigen Aminlösung – typischerweise Monoethanolamin (MEA) – befüllt ist. Das MEA bildet mit dem CO2 einen stabilen, jedoch reversiblen chemischen Komplex. Im nachgeschalteten Desorber (Regenerator) wird der CO2 beladene Komplex durch Zufuhr von hoher thermischer Energie oder durch Absenkung von Druck wieder aufgespalten, sodass reines CO2 freigesetzt und in Speichertanks abgeführt werden kann. Das regenerierte MEA wird anschließend wieder im Prozess zurückgeführt.
Ein Vorteil dieser Technologie ist ihre hohe Effizient, da 90 % CO2 aus den Abgasen entfernt werden kann. Nachteilig ist jedoch die korrosive Eigenschaft von MEA-Lösung, was zu hohen Wartungskosten der CC-Anlage führt. Zudem ist der Prozess energieintensiv, insbesondere in der Desorptionsphase, was die Wirtschaftlichkeit beeinträchtigt. Für die Nutzung einer CC-Anlage in der Müllverbrennung würde dies bedeuten, dass die thermische Energie, die normalerweise dem Fernwärmenetzwerk zugeführt wird, stattdessen in den Betrieb der CC-Anlage umgeleitet werden muss.
Transport
Aus dem NEFI Talk ging hervor, dass der Transport großer CO2-Mengen mit herkömmlichen Transportmitteln, wie LKW, Zug oder Schiff wirtschaftlich nicht sinnvoll ist. Stattdessen wird der Transport über Gas-Pipelines bevorzugt. Zwar wird bereits Wasserstoff (H2) und Methan (CH4) in Österreich durch Gas-Pipelines transportiert, jedoch können diese Leitungen nicht für den Transport von CO2 genutzt werden, sodass ein neues Transportnetzwerk aufgebaut werden muss, was einen erheblichen Verbrauch an natürlichen Ressourcen zur Folge hätte. Außerdem gehen Expert*innen davon aus, dass das CO2 hauptsächlich nach Deutschland transportiert und schließlich das Gas in tiefen, salzwasserführenden, porösen Gesteinsschichten („Saline Aquifere“) in Norwegen deponiert werden könnte. Ob dieser Ansatz einen Mehrwert bietet, bleibt fraglich.
Wirtschaftlichkeit
Der Expert*innen-Austausch hat verdeutlicht, dass die Entwicklung und der Betrieb von CO2-Abscheidungsanlagen sowie die Langfristigkeit der Speicherung von CO2 in Österreich mit hohen Investitionskosten verbunden sind.
Die Frage bleibt offen, ob die Kosten für den Bau und die Wartung von CCUS-Anlagen im Vergleich zu den langfristigen Einsparungen durch reduzierte CO2-Emissionen tatsächlich ein wirtschaftlich tragfähiges Geschäftsmodell ergeben. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass die Reinheit des abgeschiedenen CO2 ebenfalls eine Rolle in den Kosten spielt. Um CO2 in einer sehr reinen Form abzuscheiden, müssen häufig höhere Drücke erzeugt werden, um den CO2-Gehalt zu konzentrieren und die Trennung effizienter zu gestalten. Das erfordert komplexere und energieintensivere Verfahren, die nicht nur höhere Betriebskosten verursachen, sondern auch eine teurere Infrastruktur und zusätzliche Energieversorgung benötigen.
Rechtlich
Derzeit werden CO2-Emissionen mit ETS (EU Emissions Trading System)-Zertifikaten in der Industrie gehandelt, deren Anzahl jedoch mit der Zeit stetig verringert wird. Dies zwingt die Industrie dazu, nach Alternativen zu suchen, um ihren CO2-Ausstoß zu senken. Leider wird momentan nur die CO2-Speicherung als anerkannte Maßnahme zur Emissionsminderung akzeptiert, während die Wiederverwertung von CO2 nicht mit Zertifikaten anerkannt ist. Dabei spielt die langfristige Nutzung von CO2 eine entscheidende Rolle. Besonders relevant ist die Weiternutzung von CO2 in der Chemie- und Zementindustrie.
Fazit
Zusammenfassend zeigt sich, dass die Implementierung von CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCUS) in Österreich, trotz ihrer Potenziale, mit erheblichen wirtschaftlichen und infrastrukturellen Herausforderungen verbunden ist. Hohe Investitionskosten, die Notwendigkeit neuer Transportnetzwerke und die energieintensive Natur der Technologie werfen Fragen zur langfristigen Wirtschaftlichkeit auf. Insgesamt erfordert der Erfolg von CCUS eine sorgfältige Abwägung von Kosten, Nutzen und langfristigen Auswirkungen auf Umwelt und Wirtschaft.