Erstmals wird es in Österreich ein Bundes-Umgebungslärmschutzgesetz (LärmG-Bund) geben, das gleichzeitig die EU-Umgebungslärm-Richtlinie umsetzt. Zur Zeit liegt ein Ministerialentwurf vor, zu dem die WUA in ihrer Stellungnahme einige Forderungen erhoben hat.
Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass durch Umgebungslärm hervorgerufene Belastungen in strategischen Lärmkarten festzuhalten sind. Dazu müssen die Hauptstrecken für Straßen (über 3 beziehungsweise 6 Millionen KFZ/Jahr) und Schiene (über 30.000 beziehungsweise 60.000 Züge/Jahr) bis 31. Mai 2005 festgestellt werden, ebenso wie Flughäfen mit mehr als 50.000 Bewegungen pro Jahr. Auch Gelände für industrielle Tätigkeiten in Ballungsräumen über 100.000 EinwohnerInnen (beziehungsweise über 250.000 EinwohnerInnen) müssen bis 31.Mai 2006 erhoben werden.
Für Hauptverkehrsstrecken der höheren Kategorie und für Ballungsräume über 250.000 EinwohnerInnen sind bis 31. Mai 2007 Strategische Lärmkarten zu entwickeln. Sofern bestimmte Schwellenwerte erreicht werden, sollen den strategischen Lärmkarten ein Jahr später Aktionspläne folgen. Die UmweltanwältInnen sollen Stellungnahmerecht im Rahmen der Umweltprüfung der Aktionspläne haben.
Aus unserer Stellungnahme zu der vorgeschlagenen Höhe der Schwellenwerte
Die Schwellenwerte (Anhang III), die für die Aktionsplanung für den Bereich Fluglärm bei LDEN von 65dB und bei LNIGHT von 55dB liegen sollen, sind hier um jeweils 5dB höher als jene, die für den Straßenlärm gelten sollen.
Dies ist nicht nachvollziehbar und vollkommen unverständlich, zumal nach Erkenntnissen der aktuellen Lärmforschung und allen bekannten Untersuchungen gerade der Fluglärm, bei vergleichbaren Lärmpegeln mit dem Straßenlärm, die größeren Belästigungs- und Störwirkungen aufweist.
Beispielsweise wird im 7. Umweltkontrollbericht des Österreichischen Umweltbundesamtes dargelegt, dass sich bei einem Fluglärmpegel von 60dB LDEN wesentlich mehr Menschen belästigt fühlen, als bei einem vergleichbaren Straßenlärmpegel. Ähnliche Erkenntnisse liegen von der WHO (siehe Dokumentation zum Technical meeting on exposure-response relationships on health, 19-21-9 2002, Bonn) vor. Auch das Deutsche Umweltbundesamt weist auf den notwendigen baulichen Schallschutz ab Fluglärmbelastungen oberhalb von 55dB(A) und 45dB(A) in den Nachtstunden hin. In Deutschland ist darüber hinaus eine Festlegung eines Grenzwertes für LDEN von 62dB für Fluglärm, im Zuge der Änderung des Fluglärmgesetzes, geplant. Das Schutzziel der Umgebungsrichtlinie "die schädlichen Auswirkungen, einschließlich Belästigungen durch Umgebungslärm zu verhindern, ihnen vorzubeugen oder sie zu mindern", wird hier nach unserer Ansicht somit nicht ausreichend umgesetzt.
Die Schwellenwerte für die Aktionsplanung sollten daher diesen klar dokumentierten Erkenntnissen Rechnung tragen. Entsprechend den Ausführungen und Begründungen zum Industrielärm, dem die erhöhte Belästigungswirkung zugestanden wird, soll auch für den Fluglärm ein Schwellenwert von LDEN 55dB und von LNIGHT 45dB festgesetzt werden, um die höhere Belästigung gegenüber dem Straßenlärm zu berücksichtigen.
Auch wenn hinsichtlich des Schienenlärms von der Schienenverkehrslärm-Immissionsschutzverordnung bei der Festsetzung von Schwellenwerten ausgegangen wird und dem Schienenlärm ein Bonus von 5dB zugestanden wird, sollte durch eine neue gesetzliche Regelung die Möglichkeit genutzt werden, diesen Schienenbonus unberücksichtigt zu lassen. Solch ein Schienenbonus ist gerade im Sinne eines modernen wirkungsvollen Lärmschutzkonzeptes überholt und nicht nachvollziehbar. Gerade die Charakteristik des Schienenlärms kann oft von tonhaltigen und impulshaltigen Elementen geprägt sein und daher ist solch ein 5dB-Bonus nicht gerechtfertigt.
Gemeinsame Stellungnahme der UmweltanwältInnen