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Allgemeines 

Das KKW Brokdorf (Abkürzung KBR) liegt zirka 50 Kilometer nordwestlich von Hamburg am Nordufer der Elbe unweit der Nordseeküste und versorgt den Großraum Hamburg mit Strom. Außer Brokdorf gehören auch Grafenrheinfeld, Grohnde, Phillipsburg-2 und Unterweser zum gleichen Bautyp, der auch als Vor-Konvoi-Anlage bezeichnet wird. Sie wurden vom westdeutschen Herstellerkonsortium Siemens-KWU (Kraftwerksunion) in den 1980er Jahren in Serie errichtet. Die Anlagen unterscheiden sich aber in zahlreichen Details, um den verschiedenen Anforderungen der Atombehörden der verschiedenen Standortbundesländer jeweils zu genügen. In der Weltrangliste für Kernenergieproduktion liegen fünf der genannten Reaktoren regelmäßig unter den zehn Anlagen mit der größten Stromproduktion. Während der Errichtung von Brokdorf kam es zu einer starken Protestbewegung mit teils heftigen Auseinandersetzungen zwischen Bürger/innen und der Polizei. Betreiber des Kraftwerks ist der Stromerzeuger E.ON.


Wichtige Zahlen im Überblick

 

 ReaktortypLeistung
(MW elektrisch)
FertigstellungVoraussichtlich Betrieb bis
Brokdorf Druckwasserreaktor, Westlicher Typ 14101 (1480)2 Netzsynchronisation14.10.1986  stillgelegt 2021

1 Nettoleistung ohne Eigenbedarf
2 Bruttoerzeugung inklusive Eigenbedarf
3 Nach deutschem Atomausstiegs-Gesetz 2011

  • Entfernung von Wien (Luftlinie): etwa 800 Kilometer
  • Anteil der Anlage an der Stromerzeugung in Deutschland: cirka 1,8 Prozent (2010)
  • Anteil der Stromerzeugung aus Kernenergie in Deutschland: ca. 17,79 % (102,3 TWh 2011)
  • Energieeinspeisung seit Inbetriebnahme: 254,30 TWh (Stand: 29.02.2012)
  • Jahresstromerzeugung der Anlage: 11,4 TWh (2010)
  • Jahresstromerzeugung in Deutschland: 575 TWh (2011)

Bisherige schwere Stör- und Zwischenfälle

Im KKW Brokdorf kam es bisher zu keinem schweren Zwischenfall, Unregelmäßigkeiten im Betrieb waren jedoch unter anderem:

  • Im Dezember 1988 entdeckte das Kieler Energieministerium das Fehlen von Teilen an den vier Notstromdieselaggregaten. Bei Versagen des externen Netzes hätte der Mangel im Extremfall zum Versagen der Aggregate führen können. Fehlende Kühlung des abgeschalteten Reaktors und die Beschädigung von Brennelementen durch Überhitzung hätten die Folge sein können.
  • Am 01.08.1988 wurden beim Brennelementwechsel 18 Elemente mechanisch beschädigt
  • Am 26.06. und 08.08.1995 wurde erhöhte Radioaktivität in die Umwelt abgegeben, da einzelne Brennelemente beschädigt waren, der Reaktor war zu dieser Zeit abgeschaltet und in Revision, Grenzwerte wurden nicht überschritten.
  • Am 02.12.1995 wurden mehrere gelöste Schrauben an zwei Notstromaggregaten gefunden, als Ursache wurden mangelnde Wartung oder betriebsinterne Sabotage erwogen.
  • Am 17.12.1995 wurde bei einer wiederkehrenden Prüfung der Defekt einer elektronischen Steuerung für eine Absperrarmatur festgestellt.
  • 22.06.1999: Die Wanddicken einzelner Dampferzeugerrohre als Barriere zwischen Primär- und Sekundärkreislauf wurden bei Prüfungen teils als zu dünn befunden. Dampferzeugerrohrbrüche können die Folge sein. Dabei gelangt radioaktives Kühlwasser in den dafür nicht vorgesehenen Speisewasserkreislauf und es kommt zu einem Kühlmitteverlust im Reaktorsystem

Technische Spezifikationen und Sicherheitssysteme

Technische Spezifikationen

Am Standort Brokdorf befindet sich ein Druckwasserreaktor mit einer Nettoleistung von 1410 MWe. Die Anlage umfasst das Reaktorgebäude mit den nuklearen Systemen, das Maschinenhaus mit Turbine und Generator sowie Nebengebäude mit Hilfssystemen und Lager etc. Der Reaktordruckbehälter der Anlage ist 13,25 Meter hoch und 5 Meter im Durchmesser mit einer Wandstärke von 23,5 Zentimeter, aus rostfreiem Stahl. Die aktive Zone besteht aus 193 Brennelementen, die Urandioxidbrennstofftabletten sind in Zirkaloy-4 Hüllrohren ummantelt. Der Primärkreislauf besitzt vier unabhängige Schleifen, pro Stunde werden etwa 80.000 Tonnen Wasser durch den Reaktor gepumpt und die Energie über vier Dampferzeuger an das Sekundärsystem weitergegeben. Es besteht eine große zweistufige Turbine mit Generator und Kondensatoreinheit.

Die nach dem deutschen Atomausstiegsgesetz festgelegte Reststrommenge betrug zum Stichtag 01.01.2000 noch 218 TWh, was einer Laufzeit bis etwa 2018 entsprach. Die im Herbst 2009 neu gewählte Bundesregierung wollte den Atomausstieg über einen längeren Zeitraum erstrecken und die Gesetzeslage zugunsten längerer Laufzeiten ändern. Als Reaktion auf den Unfall von Fukushima wurden jedoch neun ältere Anlagen stillgelegt. Brokdorf soll noch bis 2021 betrieben werden.

Sicherheitssysteme  

Die üblichen Sicherheitseinrichtungen für Reaktoren dieser Generation sind vorhanden und auf dem Stand der Technik.

  • Der Reaktor von Brokdorf ist mit einem kugelförmigen Stahlbetoncontainment mit Stahlliner (Stahlauskleidung) umgeben, der Auslegungsdruck beträgt etwa 4 bar (4*105 Pa).
  • Containmentsprühsystem
  • Ersatzblockwarte
  • Hochdruckeinspeisesystem
  • Not- und Nachkühlsysteme
  • Dieselgeneratoren zur Notstromversorgung
  • Redundante Auslegung wichtiger Mess- und Signalkabel
  • Entsprechende Brandschutz- Erkennungs- und Bekämpfungsanlagen
  • Eigene Steuersyteme mit erhöhter Priorität für Begrenzung und Reaktorschutz durch zahlreiche unterschiedliche Parameter und Abschaltbefehle zu Füllständen, Drücken, Temperaturen, Werten der Hauptumwälzpumpen zu Rotationsgeschwindigkeit und Druckaufbau, Leistungsabgabe des Turbogenerators, Reaktorperiode, Aktivität im Containment etc.
  • Strahlenmonitoring und Warnsysteme
  • Störfallbetriebspläne (Emergency Operational Procedures)
  • Richtlinien zur Bekämpfung der Ausbreitung und Folgen von schweren Unfällen (Severe Accident Management Guidlines)

 

Beiträge zur Sicherheitsdiskussion

Als ein junges KKW ist Brokdorf von Materialermüdung und Abnutzung wichtiger Komponenten bisher relativ wenig betroffen, mit fortschreitendem Betrieb muss die Alterung von Systemen und sicherheitsrelevanten Komponenten aber berücksichtigt werden. Die Kosten für den Bau der Anlage sind abgeschrieben, es müssen aber entsprechende Mittel für Modernisierungsprogramme, vor allem im Bereich nuklearer Sicherheit bereitgestellt werden, da der Betrieb noch bis 2021 fortgesetzt werden soll. Das Standortzwischenlager auf dem Kraftwerksgelände liegt nur 300 Meter entfernt von den nächsten menschlichen Behausungen, der Ort Brokdorf ist Luftlinie nur 1,2 Kilometer entfernt, entsprechend kurz sind Vorwarnzeiten bei der möglichen Leckage von Castoren.


Standortzwischenlager

Bis zur Fertigstellung des nationalen Endlagers in Deutschland (geplant um das Jahr 2030) wird der anfallende abgebrannte Brennstoff zahlreicher deutscher KKW in so genannten Standortzwischenlagern (SZL) aufbewahrt, um anfallende Transporte zu zentralen Zwischenlagern oder der Wiederaufbereitung im Ausland zu vermeiden. Das entsprechende SZL am Standort Brokdorf ist als oberirdisches Castorlager konzipiert. Beim Bundesamt für Strahlenschutz wurde 1999 ein Antrag auf Errichtung gestellt, die Kapazität ist so bemessen, das die beim Betrieb anfallenden 48 Brennelemente pro Jahr (2,5 Castoren) bis zur vorläufig geplanten Stillegung des Reaktors vor 2020 Platz finden (100 Castorstellplätze). Auch der 2011 festgelegte Betrieb bis 2021 kann abgewickelt werden.

Die zusätzliche Strahlenbelastung durch das SZL wird in den Genehmigungsunterlagen mit 0,015 mSv/a (Millisievert pro Jahr) für erwachsene Menschen und maximal 0,018 mSv/a für Kleinkinder der unmittelbaren Umgebung abgeschätzt, wobei eine Belastung über Freisetzung von Radioaktivität in die Luft und ins Wasser unter konservativen Bedingungen zugrunde gelegt wurde. Die natürliche Strahlenbelastung liegt zum Vergleich dazu im weltweiten Durchschnitt bei 2,4 mSv/a.

Kritiker des SZL sehen in der Nähe zur Elbe und zum Meer eine Gefahr, da das Erdbodenniveau der Anlage nur 1,5 Meter über dem Meeresspiegel liegt. Als Schutz vor Hochwasser und Sturmfluten ist der Standort mit einem 8,5 Meter hohen Deich gegen die Elbe abgeschirmt.


Position der Wiener Umweltanwaltschaft

Das KKW Brokdorf stellt für die Stadt Wien kein unmittelbares Risiko dar, selbst bei einem schweren Unfall mit hoher Freisetzung an Radioaktivität ist innerhalb Österreichs wegen der Entfernung nicht mit Evakuierungsmaßnahmen zu rechnen. Für die verbleibende Laufzeit muss ein sicherer Betrieb mit entsprechenden Investitionen und Erneuerungen gewährleistet werden.


Verwendete Quellen und Links

  • KKW Brokdorf: Zusammenfassung zum europäischen Stresstest (in deutsch)
  • KKW Brokdorf: Endbericht zum europäischen Stresstest (in deutsch) 
  • IAEA PRIS (englisch)
  • Aufsichtsbehörde des Bundeslands Schleswig-Holstein

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