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Allgemeines 

Der Standort Dukovany liegt im südöstlichen Teil der tschechischen Republik. Das Kernkraftwerk befindet sich ungefähr 100 Kilometer nördlich von Wien. Die Anlage umfasst vier WWER-440/213 Druckwasserblöcke sowjetischer Bauart, ein Zwischenlager für abgebrannten Kernbrennstoff und ein Lager für schwach- und mittelaktive Abfälle. Betreiber der Anlage ist das tschechische Energieunternehmen Ceske Energiticke Zavody (CEZ a.s.). Das Kernkraftwerk Dukovany war das erste kommerzielle Kernkraftwerk in der tschechischen Republik. Es wird (wie Temelin und die meisten konventionellen Kraftwerke in der Tschechischen Republik) von der CEZ a.s., einer zum Großteil staatlichen Aktiengesellschaft betrieben. 2002 stellte es unter der Berücksichtigung einer Teilleistung von Temelin etwa 15 Prozent des national erzeugten Stroms bereit. Der Standort Dukovany verfügt über vier Reaktoren von je 440 MWel (inklusive Eigenbedarf) mit einer Bruttogesamtleistung von 1.760 Megawatt elektrisch (netto zirka 1.650 MWel). Außerdem befindet sich ein Zwischenlager für abgebrannten Kernbrennstoff und schwach- und mittelaktive Abfälle in Dukovany. Das Kraftwerk wurde in zwei Doppelblöcken zwischen 1985 und 1987 unter sowjetischer Direktive, jedoch mit starker Einbeziehung der tschechischen Industrie (etwa Skoda) errichtet. Die Druckwasserreaktoren sind leichtwassergekühlte und ebenso moderierte WWER-440/213-Reaktoren sowjetischer Bauart. Sie sind vergleichbar mit den Blöcken von Paks (Ungarn) oder Bohunice-V2 beziehungsweise Mochovce (Slowakei). Es handelt sich um eine Weiterentwicklung eines älteren Typs, der schwerwiegende Sicherheitsmängel aufwies (siehe etwa Standorte in Bohunice-V1 oder Kozloduj). Einige davon konnten konstruktiv behoben werden. Dukovany ist das KKW mit der kürzesten Entfernung nach Wien (etwa 100 Kilometer).

Die Handhabung und (Zwischen-)Lagerung untersteht in Tschechien dem Ministerium für Industrie und Handel. Alle Verursacher/innen von radioaktivem Abfall müssen die Entsorungskosten anteilig bezahlen.


Wichtige Zahlen im Überblick

 ReaktortypLeistung (netto)
(MW elektrisch)
Fertigstellung
Netzsynchronisation
Voraussichtlich
Betrieb bis
Block 1 Druckwasserreaktor WWER-440/213 412 1985 2025 bis 2030
Block 2 Druckwasserreaktor WWER-440/213 412 1986 2025 bis 2030
Block 3 Druckwasserreaktor WWER-440/213 412 1987 2025 bis 2030
Block 4 Druckwasserreaktor WWER-440/213 412 1987 2025 bis 2030
  • Entfernung von der Stadt Wien (Luftlinie): Zirka 100 Kilometer
  • Anteil der Anlage an der Stromerzeugung in der Tschechischen Republik: 15 Prozent (2002)
  • Anteil der Stromerzeugung aus Kernenergie in der Tschechischen Republik: 18,6 Prozent (2000, ohne Temelin), 20 Prozent (2001), 25 Prozent (2002), 40 Prozent (mit Temelin Block 1 und 2 ab 2005)
  • Jahresstromerzeugung der Anlage 2002: Zirka 13,5 Milliarden Kilowattstunden

Bisherige schwere Stör- und Zwischenfälle

Besonders zu Beginn der 90er Jahre registrierte man zahlreiche Zwischenfälle im KKW Dukovany. Aufgrund der neuen politischen Lage waren die sowjetischen Ingenieur/innen nicht mehr gern gesehen. Neue Spezialist/innen waren aber nicht zur Hand. In dieser Zeit kam es zum Teil zu Kabelbränden und anderen negativen Ereignissen. Sie gelten nach den internationalen Richtlinien der IAEA bedeutend für die nukleare Sicherheit der Anlage. Der Zustand verbesserte sich durch die Umsetzung von EU-Programmen und größerer Investitionen. Bisher wurden im Rahmen von Stör- oder Unfällen keine relevanten Mengen an Radioaktivität an die Umwelt abgegeben.

Die Ursachen für die Zwischenfälle zu Beginn der 90er Jahre lagen etwa zu 62 Prozent an schadhafter Technik. Bei knapp 20 Prozent war menschliches Fehlverhalten der Grund. Zu zehn Prozent waren falsche betriebliche Prozeduren, wie mangelhafte Organisation von Arbeitsabläufen oder ungeklärte Zuständigkeiten die Auslöser.


 

Kritikpunkte und Position der Wiener Umweltanwaltschaft

Kritikpunkte

Für die Blöcke des KKW Dukovany existiert das Modernisierungsprogramm MORAVA, welches die Sicherheit der Anlage auch gegen schwere Störfälle erhöhen soll. Problematischerweise ist der Zeitplan für die Umsetzung aus Kostengründen sehr zögerlich. Er ist bis 2010 angesetzt. Andere WWER-440/213 Anlagen, wie etwa in Mochovce, Bohunice oder Paks werden deutlich schneller nachgerüstet, beziehungsweise sind die Maßnahmen dort bereits umgesetzt.

Ein weiterer Kritikpunkt bezieht sich bauartbedingt auf die ohne Containment ausgeführten WWER-440/213 Blöcke. Bei einem schweren Unfall mit Freisetzungen von radioaktiven Stoffen des Primärkreises in die Anlage ist der hermetische Bereich zu schwach dimensioniert. Ein Austreten von Radioaktivität in die Umgebung kann nicht hinreichend verhindert werden. Die Nachrüstung der Anlagen durch Überbauung mit einem VollContainment ist aus wirtschaftlicher Sicht wahrscheinlich nicht lohnend. Bei einer geplanten Verlängerung der Betriebszeit der Blöcke bis etwa zum Jahr 2025 herrschen für ein solches Projekt allerdings günstigere ökonomische Rahmenbedingungen. Es steht zu befürchten, dass damit ausschliesslich eine Verlängerung der Betriebszeit erreicht werden soll.

Durch die Aufstellung der Blöcke in zwei Zwillingsanlagen mit gemeinsamem Zentralsaal für je zwei Reaktoren und der Zusammenlegung zahlreicher Sicherheits- und Serviceeinrichtungen konnte der Investitionsaufwand in der Bauphase gesenkt werden. Dies hat aber auch sicherheitstechnische Nachteile. Im Falle eines Erdbebens könnten mehrere Blöcke gleichzeitig in Mitleidenschaft gezogen werden. Es würden dann Energie- und Notkühlsysteme von mehreren Blöcken gleichzeitig benötigt werden. Diese verfügen jedoch über zu geringe Kapazitäten. Aufgrund technischer Analysen lässt sich eindeutig feststellen, dass der Standort Dukovany ein höheres Sicherheitsrisiko darstellt als etwa das KKW Temelin. Alle Blöcke sind ohne Containment ausgerüstet. Die Reaktorbaulinie ist älter als die von Temelin. Komponenten wie Pumpen, Dampferzeuger, Ventile und Teile des Primärsystems sind abgenutzt und versprödet. Dies zeigte sich bereits zu Beginn der 90er Jahre in einer Störfallhäufung.

Position der Wiener Umweltanwaltschaft

In den letzten Jahren wurden in das Kraftwerk Dukovany hohe Beträge zur Modernisierung investiert. Die Sicherheit der Anlage erreicht aber nicht den Stand von durchschnittlichen Druckwasserblöcken mit Containment. Gerade durch den nahegelegenen Militärflughafen wäre ein Containment zum Schutz vor Flugzeugabstürzen angebracht. Auch in Hinblick auf das Castorlager ist zwischen dem Standort der Anlage oder des Militärflughafens eine Entscheidung zu treffen. Die Kombination führt zu einem beträchtlichen Anstieg des Risikos für große Freisetzungen von Radioaktivität durch schwere Unfälle.


Technische Spezifikationen und Sicherheitssysteme

Technische Spezifikationen

Lager für schwach- und mittelaktive Abfälle

Die schwach-aktiven Stoffe, wie sie etwa durch Spitäler, Forschungseinrichtungen oder im Normalbetrieb (ohne Brennstoffkreis) kerntechnischer Anlagen entstehen, werden in Rollreifenfässer gefüllt. Sie werden in eine oberirdische Deponie gebracht. Diese ist mit Betonplatten völlig abgedeckt und gegen das Grundwasser durch verschiedene Schichten aus Beton und Folien abgedichtet. Es bestehen Messeinrichtungen zur Feststellung von radioaktiver Kontamination durch mögliche Leckage von Fässern bei der Ableitung der Regenwässer. Das Lager für schwach- und mittelaktive Abfälle ist als offenes, überirdisches Lager konzipiert. Die Gesamtkapazität beträgt etwa 55.500 Kubikmeter. Der Abfall erzeugt keine Wärme.

Castorlager

Das Castorlager (Speziallager für Behälter mit radioaktivem Material) besteht aus einer Lagerhalle in Stahlbetonbauweise. Diese erfüllt allerdings nur den Zweck, die Castoren vor Witterungseinflüssen zu schützen. Jedes Jahr kommen durch den Betrieb der Reaktoren von Dukovany einige neue Castoren hinzu. Diese werden senkrecht in der Halle aufgestellt und bleiben von außen ständig zugänglich. Die Strahlenbelastung durch direkte Gammastrahlung aus den Castoren liegt deutlich über dem Niveau der natürlichen Belastung. Sie bleibt aber innerhalb der gesetzlich erlaubten Grenzwerte. Außerhalb der Halle ist das Strahlenniveau nicht erhöht. Weil die Kapazität der Halle (konstruiert für 600 Tonnen Kernbrennstoff) bald erschöpft ist, soll ein Erweiterungsbau mit zusätzlichen 1.340 Tonnen Einlagerungskapazität direkt daneben entstehen. Von Umweltschützer/innen wird die große Anhäufung von stark radioaktiven Stoffen als zu hohes Risiko kritisiert. In unmittelbarer Nähe zum Kraftwerksgelände befindet sich ein tschechischer NATO-Luftwaffenstützpunkt. Das Risiko eines Flugzeugabsturzes auf das nicht weiter geschützte Castorlager ist verhältnismäßig hoch. Das Lager für abgebrannte Brennelemente aus dem KKW Dukovany soll später auch für Abfälle aus dem KKW Temelin verwendet werden.

Lager für abgebrannte Brennelemente

In den Abklingbecken des Kraftwerks sind insgesamt zirka 2.500 abgebrannte Brennelemente in Wasserbecken gelagert (Stand Anfang 2003). Das entspricht mehr als zehn Reaktorbeladungen und dem Verbrauch der letzten Jahre. Die abgebrannten Elemente werden zirka drei Jahre lang unter Wasser aufbewahrt. Dann werden sie in das Castorlager gebracht.

Sicherheitssysteme

Als Weiterentwicklung des Reaktortyps WWER-440/230 besitzt der WWER-440/213 Reaktor eine Reihe von sicherheitstechnischen Verbesserungen. Die Zwillingsblöcke sind allerdings ohne Containment ausgeführt. Die Primärkreiskomponenten mit Reaktoren, Pumpen und Dampferzeugern sind in Stahlbetonkompartments eingeschlossen. Sie können nur bedingt die Aufgaben eines Containments übernehmen. Für den Fall einer Leckage im Kühlsystem besteht ein Kondensationsturm an der Rückwand jedes Reaktorgebäudes. Die WWER-440/213 - Reaktoren von KKW Dukovany besitzen entsprechende Hochdruck- und Niederdruckeinspeisesysteme zur Überspeisung von Lecks. Notstromdiesel verhindert den Verlust von externer Energie für den unbedingten Weiterbetrieb der Reaktorkühlung. Die Mess- und Kontrollsysteme sollen bis 2010 zum Teil erneuert und ausgetauscht werden. Die Wahrscheinlichkeit für einen Kernschmelzunfall (bedeutet nicht notwendiger Weise eine große Freisetzung von Radioaktivität, jedoch die Zerstörung des Reaktorkerns) konnte in den vergangenen Jahren von statistisch 1,7 mal in 10.000 Jahren pro Block auf 5,5 mal in 100.000 Jahren pro Block und Betriebsjahr verringert werden. Der ursprüngliche Wert für die Kernschmelzhäufigkeit vor internationalen Erhebungen ist nicht genau bekannt und lag darüber. Für die vier Reaktoren von Dukovany bedeutet dies gegenwärtig eine Wahrscheinlichkeit von etwa 1 in 4.550 Jahren, wobei eine weitere Senkung umgesetzt wird.


 

Forderungen der Europäischen Union

Durch die Umsetzung des Modernisierungsprogramms MORAVA konnte die Wahrscheinlichkeit für einen Kernschmelzunfall zirka um den Faktor sieben verkleinert werden. Im EU-WENRA-Bericht vom Oktober 2000, der sich mit der nuklearen Sicherheit der Anlagen in den Beitrittsländern befasst, heißt es zu den durchgeführten Maßnahmen, dass ein westlicher Sicherheitsstand in Dukovany erreicht ist. Weitere Verbesserungen sollen bis 2010 folgen. Im Rahmen des WPNS-Prozesses (Working Party on Nuclear Safety) und der AQG (Atomic Question Group) wurde Anfang 2001 ebenfalls eine weitgehend erfolgreiche Umsetzung des bisherigen Modernisierungsprogramms aus der Sicht der EU festgestellt. Die Liberalisierung des tschechischen Energiemarktes soll nach Meinung der EU weiter vorangetrieben werden. Kritiker/innen befürchten hingegen, dass sich ein höherer Profitdruck langfristig negativ auf die Sicherheit auswirken könnte.


 

Verwendete Quellen

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