Anlässlich des Welttierschutztages möchten wir auf ein wichtiges und nach wie vor aktuelles Thema hinweisen: Die Gefahr für Wildtiere durch freilaufende Hauskatzen!
Haustiere sind aus unserem Leben kaum noch wegzudenken. Sie bieten uns Gesellschaft und füllen unsere Wohnungen und Häuser mit Leben. Der Umgang mit unseren Haustieren ist aber je nach Art sehr unterschiedlich. Hunde beispielsweise sind es gewöhnt, dass sie immer wieder Beißkörbe, Halsbänder und Leinen tragen müssen. Zahlreiche Gesetze regeln den Alltag dieser Vierbeiner: Vom Spaziergang im Park über das Geschäft auf dem Gehsteig, bis zur Fahrt in öffentlichen Verkehrsmitteln – für Hundebesitzer*innen gilt es einiges zu beachten. Die Regelungen dienen dazu, negative Auswirkungen auf die Umwelt zu minimieren und dabei Hygiene sowie Sicherheit im öffentlichen Raum zu gewährleisten.
Katzen hingegen genießen in unserer Gesellschaft (gerade im Vergleich zum Hund) viel mehr Freiheiten: Aufgrund ihrer kleineren Statur, können sie sich in unseren Siedlungen frei bewegen und unterliegen dort kaum rechtlichen Bestimmungen (z. B. Kastrationspflicht bei freilaufenden Katzen, Registrierungs- und Chippflicht von Zuchtkatzen). Auch sonst entziehen sie sich oftmals unserem Einfluss. Letzteres liegt natürlich im ureigenen Wesen der Katzen begründet. Während Hunde aufgrund ihrer natürlichen Lebensweise an Gruppenbildung und Hierarchien gewöhnt sind, sind unsere Hauskatzen eher Einzelgänger mit ihrem ganz eigenen Kopf.
Weitere Infos zur rechtlich richtigen Haltung von Katzen
Alles für die Katz: Auswirkungen auf Wildtiere
Während der Jagdinstinkt unserer Katzen für uns Menschen in der Regel kein direktes Problem darstellt, können sie jedoch auf unsere Tierwelt gravierende Auswirkungen haben. Ohne Beschränkungen durch den Menschen leben die Vierbeiner ihre angeborenen Jagdtriebe aus. Dies wird speziell für kleinere Tiere zu einem zunehmenden Problem.
Einer Studie zufolge töten Katzen in den USA jährlich bis zu 3.7 Milliarden Vögel, sowie 20.7 Milliarden Kleinsäuger, wie etwa Mäuse. Im Schnitt geht man in Europa im Jahr von 350 getöteten Tieren pro Katze aus (Loss et al. 2013). Eine beachtliche Zahl: Damit könnten Katzen laut Expert*innen für unsere Artenvielfalt eine größere Bedrohung darstellen, als beispielsweise der Einsatz von Giften in der Landwirtschaft oder die Zerstörung natürlicher Habitate durch Flächenversiegelung (Gross 2016).
Ein Beispiel wie extrem sich dieser Einfluss unserer Stubentiger auswirken kann, liefert eine Geschichte aus Neuseeland: Dort brachte im 19. Jahrhundert ein Leuchtturmwärter seine Katze Tibbles auf eine einsame Insel mit, um dort Gesellschaft zu haben. Auf dieser Insel gab es jedoch eine endemische Art von flugunfähigen Vögeln, den Stephenschlüpfern, welche sich scheinbar von Insekten ernährten und keine natürlichen Feinde hatten. Während des Aufenthalts des Leuchtturmwärters, schaffte Tibbels es, im Alleingang sämtliche Stephenschlüpfer der Insel restlos auszurotten und besiegelte damit, innerhalb kürzester Zeit, das Ende dieser Art (Gross 2016 & Andrei 2021).
Solche Geschichten mögen auf den ersten Blick skurril oder gar belustigend wirken. Jedoch sind wir Menschen stark vom Artenreichtum der uns umgebenden Natur abhängig. Ohne die zahllosen Ökosystemleistungen unserer intakten Umwelt können wir nicht überleben. Da in natürlichen Systemen alle Teile stark miteinander verflochten sind, ist daher auch der Einfluss der Hauskatzen auf unsere Umwelt äußerst kritisch zu sehen. Töten Hauskatzen immer wieder alle Jungvögel in einem gewissen Areal, hat dies direkte Auswirkungen auf das Gleichgewicht der übrigen Fauna und Flora. Für Gartenbesitzer*innen kann dies mitunter unangenehme Folgen haben, wie etwa eine Zunahme der Stechmücken oder anderer unliebsamer Insekten, die sonst an die jungen Vögel verfüttert worden wären.
Nur einen Katzensprung entfernt: Lösungen für unsere Stubentiger
In Anbetracht dieser Umstände stellt sich natürlich die Frage, wie man solche Tragödien vermeiden kann. Den Katzen ist dabei natürlich kein Vorwurf zu machen, denn diese folgen einfach ihren natürlichen Jagdtrieben und Instinkten. Mit den Katzen zu schimpfen oder sie gar für getötete Wildtiere zu bestrafen, ist absolut der falsche Weg. Dies kann das problematische Verhalten sogar noch zusätzlich verstärken.
Es liegt also an uns Menschen den Umgang mit unseren zahmen Haustieren zu überdenken und geeignete Maßnahmen zu treffen, welche die problematischen Auswirkungen unserer Stubentiger reduzieren. Laut einer Studie von Cecchetti aus dem Jahr 2021 gibt es aber glücklicherweise tatsächlich wirksame Handlungsoptionen für Besitzer*innen von freilaufenden Katzen:
- Gibt man Katzen etwa Futter mit viel tierischen Proteinen und mit möglichst wenig Anteil an anderwärtigen Zusätzen, wie Getreide, sinkt auch der Jagdtrieb der Tiere. In Cecchettis Untersuchungen verkleinerte dies die Zahl der Tötungen von Wildtieren um mehr als ein Drittel (36 %).
- Auch Beschäftigungen wie Katzenangeln, welche die Jagd simulieren, stillen den Jagdtrieb der Tiere. Schon kurze Sessions von 5 bis 10 Minuten am Tag reduzierten laut Cecchetti Wildtier-Tötungen um ein Viertel. Hierbei sollte man jedoch aufpassen: Werden Jagd und Beschäftigungsspiele nämlich mit Futter verbunden, steigt auch der Jagdtrieb und die Anzahl an Tötungen im Freien wieder rasant an.
- Als besonders wirksam gilt auch die Verwendung von bunten Stoffhalsbändern, welche, um den Hals der Katzen gelegt, laut Studie die Zahl der erbeuteten Vögel um 42 % sinken ließen. Wichtig ist aber auf Glöckchen zu verzichten, denn die können den empfindlichen Ohren der Katzen schaden.
Die Katze lässt das Mausen nicht
Wie man also erkennen kann, gibt es zahlreiche Möglichkeiten die Anzahl der durch Hauskatzen verletzter und getöteter Wildtiere zu vermindern. Die effektivste Maßnahme unsere Wildtiere zu schützen, ist - nach wie vor - Katzen gar nicht oder nur stark eingeschränkt ins Freie zu lassen.
Die Wiener Umweltanwaltschaft empfiehlt aus diesem Grund, zumindest während der Vogelbrutzeit (März bis Juli), die eigenen Katzen zu Hause zu lassen. Aber auch außerhalb der kritischen Zeiten sollte man Katzen eher untertags hinauslassen und am Morgen oder Abend wieder zu sich ins Haus holen. Speziell in der Dämmerung sind sie nämlich die besten Jäger und damit eine noch größere Gefahr für unvorbereitete oder nachtaktive Kleintiere.
Um den Stubentigern trotz Ausgangssperre ausreichend Beschäftigung zu bieten, sollte man in dieser Zeit viel mit ihnen spielen und, falls möglich, an Balkonen oder Terrassen Zugang zu gesicherten Außenbereichen ermöglichen.Sind die nötigen Voraussetzungen gegeben, kann auch ein spezielles Katzengehege im Freien eine gute Alternative sein. Dieses sollte ausreichend Platz, sowie Kletter-, Spiel- und Versteck-Möglichkeiten bieten. Gut ausgestattet, garantieren sie Wohnungskatzen eine interessante Abwechslung zur den üblichen vier Wänden und schützen trotzdem unsere Wildtiere im Garten.
Die eigene Katze anzuleinen und mit ihr spazieren zu gehen, ist hingegen keine gute Idee. Katzen erkunden ihre Umgebung auf eine Art und Weise, welchen der Mensch mit seinen eigenen Bewegungsmustern kaum entsprechen kann. Wie eine Katze zu Klettern und durch das Dickicht zu kriechen ist uns nicht möglich, für eine Katze aber das A und O ihrer Verhaltensweise. Ein Ausflug an der Leine ist daher für die meisten Katzen eher ein zäher Spießrutenlauf, als ein entspannter Spaziergang.
Um unseren Umgang mit der Natur zu verbessern, gilt es also gute Lösungen für unsere Stubentiger und unsere Umwelt zu finden. Wie man anhand der obenstehenden Empfehlungen sehen kann, ist bereits mit recht einfachen Maßnahmen viel für die Natur im Garten gewonnen. Vögel und viele andere kleine Tiere werden es uns danken!
Quellen:
- https://www.wien.gv.at/gesellschaft/tiere/haustiere/katzen/
- Loss, S., Will, T. & Marra, P. The impact of free-ranging domestic cats on wildlife of the United States. Nat Commun 4, 1396 (2013). https://doi.org/10.1038/ncomms2380
- Gross 2016: https://www.smithsonianmag.com/science-nature/moral-cost-of-cats-180960505/
- Andrei 2021: https://www.zmescience.com/science/how-tibbles-the-cat-possibly-caused-an-entire-species-to-go-extinct
© Foto: Benedikt Heger